Die Stimmungsmache von Rechts rund um die Situation im Lenné Park ist im vollen Gange: Online wie Offline. Die unklare Informationslage ist ein gefundenes Fressen für Rechtsradikale und dem Bürgermob, die schon damit begonnen haben, gezielt falsche Informationen zu streuen, Ressentiments zu schüren und damit die Menschen zu verunsichern. Die zuständigen Behörden in der Stadtverwaltung sind gut beraten der AfD und dem aufgewiegelten Bürgermob in der Sache nicht das Feld zu überlassen.
Es muss vor allem immer wieder deutlich gemacht werden, dass die Flüchtlinge aus der Oderlandkaserne und aus dem Heim in Seefichten, keine Sträflinge sind, sondern Kriegsflüchtlinge, die in ihrer Heimat von Tod und Elend bedroht sind und die genauso zur Flucht gezwungen sind, wie diejenigen die wegen politischer Verfolgung während des zweiten Weltkrieges aus Deutschland fliehen mussten. Diese Menschen, welche u.a. aus Syrien kommen, haben es verdient, dass wir ihnen hier Zuflucht gewähren. Das ist unsere historische Verantwortung und vor allem im Sinne christlicher Nächstenliebe.
Ein aufgewiegelter Mob, wie beispielsweise im thüringischen Greiz oder im Sächsischen Schneeberg, der mit menschenfeindlichen und rassistischen Parolen gegen Kriegsflüchtlinge im Herbst 2013 Stimmung machte, wäre ein fatales Zeichen für die Stadt Frankfurt (Oder)
Rechter Wahlkampf
Der Landtagswahlkampf der rechten Parteien läuft auf vollen Touren: Die Politiker der Frankfurter Alternative für Deutschland präsentieren sich in ihren Wahlkampf als die “Vollstrecker“ des “Volkswillens“. Im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften auch in anderen Städteb warnt sie vor “sexuellen Übergriffen“, “dem Aussterben der Deutschen“ und dem “Werteverlust von Immobilien“. Vergangene Woche veranstaltete die AfD in ihrem neuen Büro eine Veranstaltung zum Thema „Sicherheit in der Grenzregion“. In unmittelbarer Nähe der Słubice und Frankfurt (Oder) verbindenden Stadtbrücke sprach sich der Landesvorsitzende Alexander Gauland dafür aus, über die Wiedereinführung von Passkontrollen nachzudenken. Der AfD-Stadtverordnete und Landespolizist Frank Nickel beklagte zudem die schlechte Ausstattung der Sicherheitskräfte, die nicht ausreiche, die Grenzkriminalität wirksam zu bekämpfen.
Die aufgeheizte Stimmung und dumpfe rassistische Hetze hat auch zu einem Eklat in der letzten Sitzung des Haupt-, Finanz- und Ordnungsausschusses am 25.08.2014 geführt. Hier sollte durch eine Anfrage, u.a. gestellt von René Wilke (Partei DIE LINKE), in Erfahrung gebracht werden, wie die Stadt auf die Problematik zu reagieren gedenkt. Bürgermeisterin Dr. Claudia Possardt hat sich in ihren Redebeiträgen nahtlos an die Meinungsmache des braunen Mobs angeschlossen: die problematische Kriminalitätslage wird ihrer Meinung nach durch Asylbewerber*innen hervorgerufen. Daher gäbe es im Lenné-Park, vor den Unterkünften von Geflüchteten und im Stadtgebiet West ein erhöhtes Polizeiaufgebot. Ebenfalls ganz weit vorne in der rassistischen Hetze: Wilko Möller, Vorsitzender der Fraktion AfD Frankfurt (Oder). Die in den Sozialen Medien der AfD getätigten Äußerungen unterstreichen Möllers Position.
Der SPD-Fraktionsvorsitzenden Tilo Winkler empfahl dann die Diskussion abzubrechen und sie nicht-öffentlich weiterzuführen. Er stellte fest, dass sich die Stadtverordneten an dieser Stelle „peinlich“ verhalten würden und eine öffentliche Diskussion die Anwesenden in ein schlechtes Licht stellen würde.
Wie weiter umgehen mit der AfD?
Die abgebrochene Diskussion zeigt, die Parteien der „Mitte“ sind für rechte Positionen offen; insbesondere dann, wenn sie von rechts unter Druck geraten. Es wäre deshalb falsch, im Falle der AfD zu versuchen, ein breites Bündnis zu schließen, das sich zum Ziel setzt, die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“ gegen rechts zu verteidigen. Aussichtsreicher scheint es, zu versuchen, CDU/CSU, insbesondere aber SPD, Grüne weiter von links unter Druck zu setzen und so zu verhindern, dass sie sich weiter nach rechts bewegen. Dazu braucht es auch eine offensive Auseinandersetzung mit rechten Positionen in diesen Parteien, vor allem aber mit der autoritären Konkurrenz- und Krisenpolitik von CDU/CSU, SPD und den Grünen, die mit der Agenda 2010 und der entsprechenden Krisenpolitik in Europa das Feld für den rechten Populismus mit bereitet haben.
Um die gesellschaftliche Stimmung nach links zu verschieben ist aber mehr notwendig, als mit einer noch so richtigen Kritik an die „Mitte“ und ihre Parteien heranzutreten und auf eine irgendwann eventuell einsetzende Erkenntnis zu warten. Wenn es nicht gelingt, fortschrittliche Positionen in soziale Konflikte hineinzutragen und in sozialen Bewegungen zu etablieren, wird dieses Unterfangen wenig Aussicht auf Erfolg haben. Wer soziale Auseinandersetzungen gewinnen will, tut gut daran dem Populismus von rechts emanzipatorische Perspektiven entgegenzusetzen.
Alternative für Deutschland: Neuer Rechtsausleger oder Luftnummer?
In Deutschland gibt es bis auf die CDU/CSU noch keine starke parlamentarische Vertretung rechter und zum Teil offen rassistischer Positionen im Bundestag. Anfang 2013 ist die „Alternative für Deutschland“ angetreten, um diese Lücke zu füllen. Mit einem klar nationalistischen Kurs und ihrer bürgerlich-rechten Eurokritik konnte die AfD ein durch Angela Merkel nicht mehr vertretenes Spektrum ansprechen und unter ihrem Dach vereinen. Der autoritären Parteiführung um Bernd Lucke gelang das, woran bisher viele andere rechte Parteien gescheitert sind: die Etablierung eines rechten Sammelbeckens zwischen CDU und NPD. Ob rechter CDUler, neoliberale Geschäftsfrau, fundamentalistischer Sektenangehöriger oder verkappte Faschistin – sie alle finden bis jetzt ohne allzu große Konflikte ihren Platz in der AfD.
Die AfD stand zwar unter besonderer Beobachtung und im medialen Diskurs kam auch immer wieder die Frage auf, ob sie nicht doch rechtsradikal ist, aber durch eine geschickte Diskursstrategie inklusive öffentlicher Distanzierung von Nazis gelang es der Parteiführung weitgehend, sich als Projekt der „Mitte“ darzustellen. Doch die vielen Stimmen für eine Partei wie die „Alternative für Deutschland„ bedeuten einen neuen Druck von Rechts auf die etablierten Parteien. Ob Aufenthaltsgesetzgebung, Arbeiter*innen- oder Erwerbslosenrechte – eine Diskursverschiebung nach rechts geht nicht an den anderen Parteien vorüber: Um bestimmte Wähler*innenschichten weiterhin anzusprechen gehen sie tendenziell einen Schritt in dieselbe Richtung.
Und auch wenn die CDU-Führung auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene beteuert, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde – der rechte Flügel bereitete bereits die ersten Annäherungen vor; schließlich ist die wirtschaftsliberale Juniorpartnerin FDP von der Bildfläche verschwunden.
Ob die AfD auch nach den Europawahlen ihren Höhenflug fortsetzen kann und in den brandenburgischen Landtag einzieht, bleibt abzuwarten. Um ihre Chancen steht es allerdings nicht allzu schlecht, was durchaus besorgniserregend ist. Denn mit der AfD tritt, wie bis 2009 die DVU, eine weitere rechte Partei auf den Plan, die mit einem national-chauvinistischen Kurs gegen „massenhafte Einwanderung“ und „die Herausbildung einer multikulturellen Gesellschaft“ mobil macht und damit den Sprung in den Landtag schaffen könnte. In den Medien wird im Zusammenhang mit der AfD oft von der „eurokritischen Professorenpartei“ fabuliert und ihre Kritiker_innen versuchen sie, mit dem wenig sagenden Vorwurf des ›Rechtspopulismus‹ zu stigmatisieren. Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den Inhalten der Partei findet nur wenig statt. Dabei zeigt sich die brandenburgische AfD als besonders reaktionär, und droht nach dem Einzug in den Landtag die künftige Bundes- und Europapolitik der Partei zu dominieren. Die AfD ist ein Elitenprojekt, dass sich mit netten Formulierungen und der angeblichen Sorge um die Bürger_innen als »Alternative« zum gesamten Politikbetrieb darstellen will. Dahinter verbirgt sich jedoch nur rückwärtsgewandter, demokratiefeindlicher und nationalistischer Unfug.
erschienen bei und verfasst von: Jan Augustyniak