Gedenksteinschändung endet vor Gericht.

Bereits nach zwei Monaten Ermittlungsarbeit fand am 10.Januar der Prozess gegen Monik Scharpf, Jenny Russow, Andy Köbke sowie Janko Greve und Sebastian Boldt statt. Den Frankfurter Rechtsextremen wurde vorgeworfen am 9.November 2006 den jüdischen Gedenkstein am Brunnenplatz geschändet zu haben. Sie wurden deshalb wegen Volksverhetzung, Störung der Totenruhe und des öffentlichen Friedens angeklagt.

Die fünf sehr jungen Angeklagten sind allesamt der rechtsextremen Szene zuzuordnen. Gemeinsam mit weiteren Frankfurter Neonazis, wie Guido Scholz und Mario Schreiber, hatten sie am Abend des 9.November 2006 nach der jährlichen Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht am Synagogengedenkstein randaliert. Sie rissen Blumengebinde von dem Gedenkstein, warfen Kerzen auf die Straße und urinierten auf die Gedenktafel. Die Tat erregte bundesweit großes Aufsehen.
Zum genauen Hergang der Tat sagten die Angeklagten vor Gericht aus, sie hätten sich zunächst mit FreundInnen am Dresdner Platz aufgehalten. Einer der Anwesenden wies darauf hin, daß am Gedenkstein eine „Judenveranstaltung“ stattfinde, woraufhin die Gruppe entschloss, sich diese näher „anzugucken“. Dies sagte Jenny Russow aus, welche zum Prozess mit einer Jacke der unter Rechtsextremen beliebten Marke „Thor Steinar“ erschien. Nachdem die Rechtsextremen im Stadtzentrum durch die Polizei Platzverweise ausgesprochen bekommen hatten, folgten sie dem Gedenkzug in Richtung jüdischer Gemeinde. Monik Scharpf berichtete im Gerichtssaal, dass die Gruppe sich über den Gedenkzug lustig gemacht habe. Nach den Aussagen des Angeklagten Andy Köbke, versuchten sie zunächst den anwesenden „Antifas auf die Schnauze zu hauen“; dies habe auf Grund des großen Polizeiaufgebots jedoch „nicht so richtig geklappt“. Daher entschlossen sie sich, zum Brunnenplatz zurückzukehren. Die jungen Mädchen gestanden, dort als erste die Blumengestecke zerstört zu haben. In der Folge beteiligten sich auch die weiteren Angeklagten an der Schändung. Janko Greve gestand außerdem, auf die Gedenktafel uriniert zu haben, nachdem Sebastian Boldt ihn dazu ermutigt hatte. Beide Täter wurden in der Vergangenheit bereits wegen Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen angeklagt.[1]

Die Angeklagten Janko Greve (Jg. 1987), Andy Köbke (Jg. 1991), Sebastian Boldt (Jg. 1987), Moniek Scharpf (Jg.1992) und Jenny Russow (Jg.1990) (v.l.n.r.) im Gerichtssaal.

Die Angeklagten Janko Greve (Jg. 1987), Andy Köbke (Jg. 1991), Sebastian Boldt (Jg. 1987), Moniek Scharpf (Jg.1992) und Jenny Russow (Jg.1990) (v.l.n.r.) im Gerichtssaal.

Dass die fünf Angeklagten eine Straftat begangen haben, welcher einer erneuten Verhöhnung der Opfer des Faschismus gleichkommt, kümmert sie wenig. Sie bekannten sich zu der Tat und zeigten keinerlei Reue. Jenny Russow begründete ihr Verhalten mit der Aussage, „die Juden [hätten] sich nicht ordentlich benommen.“.
Bei allen Angeklagten wurde Jugendstrafrecht angewendet. Die Jugendgerichtshilfe stellte fest, dass bei den volljährigen Tätern eine verzögerte Entwicklung auf Grund zerrütteter Familienverhältnisse vorliegt. Die männlichen Angeklagten verließen den Gerichtssaal mit Bewährungsstrafen von bis zu 14 Monaten. Mit einer Ermahnung und Arbeitsstunden kamen die beiden Täterinnen davon. Das Urteil wäre für die volljährigen Angeklagten bei Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Grund der Schwere der Tat deutlich höher ausgefallen.
Begleitet hatten den Prozess zahlreiche Freunde der Angeklagten, darunter mehrere bekannte Neonazis und ein führendes NPD-Mitglied.
Inzwischen wurde Jenny Russow auf Initiative ihrer Mutter von der Sportschule genommen. Kurz zuvor war sie bereits von ihrem Schützenverein ausgeschlossen worden. Für die weitere Entwicklung der Angeklagten lässt sich nicht viel positives erwarten. Der Prozess jedenfalls scheint keine erzieherische Funktion gehabt zu haben. So nahmen Jenny Russow, Monik Scharpf und Andy Köbke wenig später an der NPD-Demonstration am 27. Januar 2007 in Frankfurt (Oder) teil. Außerdem stellte die Polizei fest, dass Jenny Russow und Monik Scharpf im Oktober vergangenen Jahres 27 Autos im Stadtteil Hansa Nord mit Hakenkreuzen beschmiert und mitunter erheblich beschädigt hatten.[2] Die beiden Mädchen werden sich daher demnächst erneut vor Gericht verantworten müssen.

Quellen

[1] Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges der Angeklagten während der Verhandlung
[2] Märkische Oderzeitung vom 13.02.2007

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