Anlässlich eines bundesweiten Aktionstages der NPD zum Gipfeltreffen der G8 bauten am 19. Mai 43 Neonazis aus mehreren Städten Ostbrandenburgs nacheinander zwei Infostände in Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt auf. Der für die Region zuständige Kreisverband Oderland der Partei nutzte den Tag in der Nachbereitung zum Abfeiern seiner derzeitigen Mitglieder- und Ausbreitungsbemühungen im Vorfeld der Brandenburger Kommunalwahlen Ende 2008. So verfügt die Partei mit der mit der Durchführung des Infostands einhergehenden Gründung des „NPD-Stützpunktes Eisenhüttenstadt“ mittlerweile über fünf Kreisverbände, zehn Ortsverbände und drei NPD- Stützpunkte. Das beabsichtigte Bild einer in Brandenburg rasant an Aktivität gewinnenden NPD muss jedoch kritisch hinterfragt werden. Die Infostände in Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt können jedenfalls kaum als Beweis für eine stärkere Verankerung der neonazistischen Partei vor Ort herhalten. Zwar gelang es, über 40 Neonazis zu den Ständen zu mobilisieren. Aus den Städten selbst kamen jedoch nur eine reichliche Hand voll Personen. Vielmehr entpuppte sich der Aktionstag als kaum beachteter Wanderzirkus langjährig aktiver NPDler aus diversen Städten Brandenburgs. Mit dabei der Landesvorsitzende Klaus Beier aus Reichenwalde, die im Landesvorstand sitzende Manuela Kokott aus Storkow, der Kreistagsabgeordnete aus Oder-Spree, Lars Beyer, der Fürstenwalder NPDler Frank Odoy nebst diversem Anhang und der Eisenhüttenstädter Jan Weiß. Offenbar zum Schutz der Infostände waren leicht verspätet noch 15 Neonazis der 2006 scheinaufgelösten Neonazikameradschaft „Lausitzer Front Guben“ (LFG) per Bahn angereist.
Am Frankfurter Infostand ließen sich über den Tag dann auch nur 8 Einheimische blicken. Darunter Roland Weiß, der aus Berlin zurückgekehrte André Werner, Mario Schreiber, Martin Kreusch und Björn Sielaff. Der unter antifaschistischem Protest und enormer Polizeipräsenz komplett ausbleibende Besuch von BürgerInnen am Infostand der NPD ließ ihn letztenendes nahtlos in die bisher äußerst magere Bilanz der Aktivitäten des Frankfurter Ortsverbandes einordnen. So lassen sich in den vier Monaten seit seiner Reaktivierung lediglich nächtliche Flugblatt-Verteilaktionen in die Briefkästen der Neubaugebiete Neuberesinchen und Süd feststellen. Öffentliche Wahrnehmung – Fehlanzeige. Geändert hat sich mit dem neuen Ortsverband demnach kaum etwas. Ähnliches ist in Eisenhüttenstadt zu erwarten. Im Auge muss jedoch weiterhin die zunehmende Unterstützung der NPD durch freie Kameradschaften behalten werden, durch die sich nun auch die “Lausitzer Front Guben” (LFG) hervortut. Bereits beim ersten NPD-Stand in Frankfurt (Oder) im April 2006 waren Aktivisten der LFG angereist. Die Neonazikameradschaft hatte sich aus Angst vor einem Verbot offiziell für aufgelöst erklärt ohne jedoch ihre Aktivitäten einzuschränken. Nach wiederholten Teilnahmen der Gubener an Veranstaltungen und Demonstrationen der NPD/JN scheint es inzwischen ein offenes Geheimnis, dass die LFG ihre Aktivitäten unter dem Dach der Brandenburger Jungen Nationaldemokraten (JN) fortsetzen wird. Für die derzeit in Brandenburg absolut bedeutungslose JN stellt das Kameradschaftssterben im Land die Chance dar.
Und so müht sich der junge Sebastian Seidel aus Forst, der dem derzeit einzigen Brandenburger JN-Verband vorsteht, redlich um die Anwerbung freier Nationalisten. Zumindest in der Lausitz scheint er damit inzwischen recht erfolgreich zu sein.[1] Anfang Juni verkündete er nach einem „Interessententreff“ den Eintritt von 16 Personen in die JN. Vielleicht bekommt die NPD so zukünftig auch wieder in Guben einen Fuß in die Tür.
Eine Bildübersicht aller Teilnehmer des NPD-Standes findet ihr unter http://de.indymedia.org/2007/07/187583.shtml.
Quellen
[1] Internetauftritt der JN-Spreewald am 02.06.2007