Wer war nochmal Klaus Beier?

Nachdem wir diese Rubrik im letzten Output nicht behandelt haben, setzen wir sie hiermit fort. Diesmal werfen wir einen ausführlicheren Blick auf einen der führenden Nazis in der Region : Den NPD-Landesvorsitzenden von Brandenburg und Kreisvorsitzenden des KV Oderland, um den es im vorigen Artikel ging: Klaus Beier.

Zur Person

Der 1966 im bayerischen Landkreis Hof geborene Beier kam Ende der 90er Jahre nach Brandenburg. Eigentlich als Kaufmann ausgebildet, ist er heute hauptamtlicher Politiker. Mit 20 trat er in die NPD und in ihren Jugendverband, den Jungen Nationaldemokraten (JN), ein. Bereits vorher war er in der Deutschen Alternative (DA) aktiv.
Beier lebt mit seiner Lebensgefährtin Nadine Müller und zwei Kindern in der Bussardstraße in Reichenwalde, im Landkreis Oder-Spree.

Sein Nachbar64 ist der ehemalige „Bundesführer“ der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), Sebastian Räbiger,65 der auch als Leiter des „Gaus Sachsen“ bei dem HDJ-Vorgänger Wiking Jugend aktiv war. Über Aktivitäten beim NPD-Kreisverband des wegen Körperverletzung an der bekannten Journalistin Andrea Röpke66 vorbestraften Neonazikaders ist bisher nichts bekannt. Jedoch ist er seit 1998 für die NPD-Jugendorganisation – Junge Nationaldemokraten – aktiv, und eine Unterstützung der NPD-Oderland scheint nicht ausgeschlossen.

Politische Aktivitäten

Wie bereits erwähnt, wurde Beier früh politisch aktiv. Vor seinem Eintritt in die NPD engagierte er sich bei der 1992 verbotenen, militanten Neonazipartei „Deutsche Alternative“ aktiv. Dort soll er als stellvertretender Schatzmeister fungiert haben.67
Der NPD trat Beier bereits 1987 bei.68 Seinen ersten Posten bei der NPD bezog Beier im Jahr 1996, als er in den Bundesvorstand der JN gewählt wurde.69 Darauf folgten sein Aufstieg in die Vorstände des NPD-Bezirksverbandes Unterfranken und des bayerischen Landesverbandes.
Seit Beginn der 2000er Jahre trat Beier bei zahlreichen Wahlen an und entwickelte sich zum Multifunktionär der NPD. Im Jahr 2003 kandidierte Beier bei den Kommunalwahlen und zog zusammen mit Lars Beyer in den Kreistag vom Landkreis Oder-Spree ein.70 Dort bildeten sie gemeinsam mit Klaus Kuhn von der DVU eine Fraktion. Fünf Jahre später konnte der Erfolg wiederholt werden; so ist Beier bis heute Abgeordneter im Kreisparlament.71
Seit 2004 ist Beier Landesvorsitzender des NPD Landesverbandes Brandenburg.

Der nette Nachbar von nebenan? Klaus Beier setzt sich für den Wahlkampf selbst mit den Kleinsten in Pose. Hier auf einem Dorffest in Görsdorf am 27. August 2011.

Der nette Nachbar von nebenan? Klaus Beier setzt sich für den Wahlkampf selbst
mit den Kleinsten in Pose. Hier auf einem Dorffest in Görsdorf am 27. August 2011.

2005, zur Wahl für den Deutschen Bundestag, kandidierte Beier als Direktkandidat der NPD im Wahlkreis Frankfurt (Oder) – Oder-Spree und erhielt 3,6 % der Wähler*innenstimmen.72 2009 trat er wieder an und erzielte 3,7 % der Erststimmen.73
Zur Landtagswahl in Brandenburg 2009 kandidierte Beier als Spitzenkandidat der NPD.74 Die Partei holte damals 2,6% der Stimmen.75 Außerdem trat er als Direktkandidat für den Wahlkreis Uckermark I an und errang dort 3,9% der Stimmen.76
Bis November 2011 war er Bundespressesprecher und Bundesgeschäftsführer der NPD. Auch nach dem Führungswechsel 201177 an der Spitze der Bundes-NPD ist Klaus Beier weiter Mitglied des Bundesparteivorstandes.78
Im August 2011 kandidierte Klaus Beier für das Bürgermeisteramt in Storkow; er erhielt 5,56 % der Stimmen.79 Begleitet wurde sein Wahlkampf vom engagierten Protest des lokalen Bündnisses „Keine Stimme den Nazis in Storkow und anderswo!“.80
Seit Mai 2012 ist Beier wieder Kreisvorsitzender im Landkreis Oder-Spree.81

Skandale und Gerichtsverfahren

Anfang der 90er Jahre gehörte Klaus Beier zu den Mitunterzeichnern eines sogenannten „Deutschen Freundeskreis“, der mit rassistischen und antisemitischen Forderungen zu einer „Faschistischen Aktionswoche“ vom 25. bis 30.11.1991 im Landkreis Aschaffenburg mobilisierte.82 In der Erklärung wird in NS-Rhetorik zu „faschistischen Revolution“ aufgerufen. Gefordert wird im Sinne des nationalsozialistischen Euthanasie-Programms die „Sterilisierung von Aidskranken, Homosex-uellen und Krüppeln“. Darüber hinaus beziehen sich die Verfasser positiv auf die Pogrome von Hoyerswerda und Greifswald und rufen somit zu rassistischem Mord auf. Schon früh hatte Beier offenbar erste Berührungen mit rechtsterroristischem Gedankengut. Laut Brandenburgischem Verfassungsschutzbericht war Beier 2005 an einer Verteilaktion einer neonazistischen Schulhof-CD beteiligt.83 Auch an der Verknüpfung von Partei- und Kameradschaftsszene zeigt sich Beier interessiert. Als sich die neonazistische, militante Kameradschaft „Märkischer Heimatschutz“ im November 2006 selbst auflöste, legte Beier den Mitgliedern einen Beitritt in die NPD nahe.84
Im Zuge der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 veröffentlichte die NPD u.a. im Namen von Klaus Beier einen WM-Planer, in dem der Fußballnationalspieler Patrick Owomoyela rassistisch diskriminiert wurde.85 Unter einem Bild des Trikots des Spielers fand sich der Slogan „Weiß – nicht nur eine Trikot-Farbe? Für eine echte NATIONAL-Mannschaft“. Es wurde Anzeige erstattet, und der Prozess dauerte bis März 2009. Beier hatte sich vor dem Amtsgericht Tiergarten gegen den Vorwurf der Volksverhetzung zu verantworten, und er wurde zu sieben Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt.86
Wegen eines antisemitischen Artikels auf der Homepage der Bundes-NPD erstattete der Zentralrat der Juden in Deutschland 2007 Anzeige gegen Beier als damalig verantwortlichen Bundespressesprecher.87 Immer wieder kommt es zu antisemitischen oder rassistischen Äußerungen seitens der NPD, für die sich Klaus Beier verantwortlich zeichnet. Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte „Wahlkämpfer-Song“, der im Zuge der Bundestagswahlkampfes auf der Homepage der NPD veröffentlicht wurde. In diesem wurde in nationalsozialistischer Manier gegen den ehemaligen Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, sowie gegen den Vorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir, gehetzt.88
2008 wollte Beier eine nichtöffentliche Gemeindevertretungssitzung in Rauen bei Fürstenwalde nicht verlassen; daraufhin wurde Anzeige erstattet, und Beier wurde wegen Hausfriedensbruch zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt.89
Trotz laufendem Revisionsverfahren wegen des rassistischen WM-Planers der NPD äußerte sich Klaus Beier während des Landtagswahlkampfes 2009 im Fernsehsender rbb rassistisch gegenüber dem Fussball-Nationalspieler Mesut Özil. Özil sei laut Beier ein „Plaste-Deutscher“ und ein „Ausweis-Deutscher“.90 Beier sprach dem in Deutschland geborenen Özil somit seine deutsche Staatsbürgerschaft aufgrund seines Migrationshintergrundes ab.

Beier und der NSU

Klaus Beier unterstützte 1991 den„Deutschen Freundeskreises“, der in seinen Forderungen deutliche Bezüge zum historischen Nationalsozialismus erkennen lässt. (Faksimile*)

Klaus Beier unterstützte 1991 den„Deutschen Freundeskreises“, der in seinen Forderungen deutliche Bezüge zum historischen Nationalsozialismus erkennen lässt. (Faksimile*)

Am 24. Februar 1996 fand im bayerischen Aschaffenburg eine Neonazidemonstration mit etwa 200 Teilnehmenden statt. Der rechte Aufmarsch stand unter dem Motto „Hans-Münstermann-Trauermarsch“ und sollte an den Schüler Hans Münstermann erinnern, der während einer Schlägerei 1993 erstochen worden war. Ein albanischer Asylbewerber wurde als Täter ausgemacht, jedoch freigesprochen. Das Gericht sprach von erwiesener Notwehr, da sich die fünf beteiligten Asylbewerber gegen den rassistisch motivierten Übergriff von etwa 20 deutschen Jugendlichen zur Wehr setzten. Nichtsdestotrotz solidarisierten sich die Aschaffenburger Bürger*innen mit Hans Münstermann – gemeinsam mit führenden Neonazis.91
Seitdem wurde dieses Ereignis als Anlass begriffen, der rechten Szene einen neuen Aufmarschort zu bieten. Der Einladung des NPD-Kreisverbandes Aschaffenburg-Miltenberg, dessen Vorsitzender zu dieser Zeit noch Klaus Beier war, folgten die Neonazis, darunter auch Mitglieder der Kameradschaft Jena des „Thüringer Heimatschutzes“.92 Heute ist bekannt, dass die rassistischen Täter des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) an diesem Aufmarsch ebenfalls beteiligt waren: „Im Februar 1996 kontrollierte die Polizei mehrere Autos auf dem Weg zu einem rechtsextremen Aufmarsch im unterfränkischen Aschaffenburg. Im Wagen von Ralf Wohlleben, der heute als mutmaßlicher NSU-Helfer in Untersuchungshaft sitzt, fuhren auch Mundlos und Böhnhardt mit.“93

Klaus Beier ist eine der Führungspersonen der brandenburgischen NPD. Die genannten Skandale und Prozesse sind nur die Spitze des Eisbergs. Beier ist einer der führenden Rhetoriker der NPD im Raum Brandenburg und fällt ständig durch seine rassistische Propaganda auf. Bei nahezu jeder Veranstaltung oder Demonstration in Brandenburg, aber auch auf bundesweiten Aktionen der rechten Szene tritt Beier in Erscheinung, oftmals auch als Redner.
Die Verbindung zwischen Beier und und dem Gedankengut des Rechtsterrorismus ist erschreckend und macht deutlich, zu welcher politischen Praxis Funktionäre wie Beier bereit sind: sie stehen rechtsterroristischen Gruppierungen nahe und schrecken im Zweifelsfall nicht vor rassistischen Morden zurück, um ihre Ideologie umzusetzen.

64) Vgl. http://www.links-lang.de/presse/10452.php.
65) Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/raebinger-sebastian.
66) Vgl. http://www.taz.de/!27319/.
67) Vgl. Robert Kneschke/Kirstin Steffen: „Mitarbeit statt Opposition? Die Strategie der NPD im Landkreis Oder-Spree (Brandenburg)“, München 2011, S. 7.
68) Vgl. http://www.npd.de/html/241/personenprofil/detail/68/.
69) Bundesvorstandswahlen vom 26.5.1996 in Leipzig. Vgl. Widerstand, Nr. 4/1996, S. 21.
70) Vgl. http://www.wahlen.brandenburg.de/kw2003/kt/ergebnisse/kreis/40.html und http://npd-oderland.de/im-kreistag/.
71) Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg : „Statistischer Bericht – B VII 3 – 4 – 5j/08 – Kommunalwahlen im Land Brandenburg am 28.09.2008 – Wahlen zu den Kreistagen der Landkreise und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte – Endgültiges Ergebnis nach Gemeinden bzw. Wahlbezirken der kreisfreien Städte“, Potsdam 2008, S. 79 und http://npd-oderland.de/im-kreistag/.
72) Vgl. http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_05/ergebnisse/wahlkreisergebnisse/l12/wk063/wk_tabelle_63.html.
73) Vgl. http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_09/ergebnisse/wahlkreisergebnisse/l12/wk064/.
74) Vgl. http://www.wahlen.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.170344.de#NPD.
75) Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg: „Wahlbericht zugleich Statistischer Bericht B VII 2 – 3 – 5j / 09 – Wahl zum 5. Brandenburger Landtag am 27. September 2009 – Endgültiges Ergebnis “, Potsdam 2009, S. 8.
76) Vgl. ebd. S. 20 und http://www.wahlen.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.170347.de.
77) Vgl. Lea Stein: „Führunsgswechsel in der NPD“, antifaschistisches Infoblatt, Nr. 93, Berlin 2011, S. 26/27.
78) Vgl. http://www.npd.de/html/1939/artikel/detail/2119/.
79) Vgl. http://www.wahlen.brandenburg.de/bmwahlen/1206748100/h.
80) Vgl. http://ksdnstorkow.blogsport.de/.
81) Vgl. http://npd-oderland.de/neuer-npd-vorstand-im-landkreis-oder-spree/.
82) Vgl. cz./el.: „Faschistische Aktionswoche in Aschaffenburg“, in: analyse & kritik (ak), Nr. 338, 13.01.1992, S. 2 abgerufen auf http://kommunal.blogsport.de/hintergrund/faschistische-aktionswoche-in-aschaffenburg/.
83) Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/beier-klaus.
84) Vgl. http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/41485/strategie-und-taktik-der-npd-in-brandenburg-vor-den-kommunalwahlen-2008?p=all.
85) Vgl. http://www.heise.de/tp/artikel/22/22435/1.html.
86) Zum Ausgang des Prozesses vgl. http://www.tagesspiegel.de/politik/prozess-um-wm-planer-freisprueche-fuer-npd-fuehrung/3933092.html.
87) Vgl. http://www.verfassungsschutz-brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/Bericht%2007.pdf, S. 14,16,18f.
88) Vgl. http://www.zeit.de/online/2009/npd-friedman-hetze.
89) Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/beier-klaus.
90) Vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/schmaehung-von-dfb-spieler-oezil-anzeige-gegen-npd-sprecher-1.45271.
91) Vgl. „Wie die Nazis in die Provinz gehen. Zum Beispiel: Landkreis Miltenberg“, in: analyse & kritik (ak), Nr. 382, 21.09.1995, S. 8.
92) Ebenda.
93) http://www.taz.de/!93989/.
*) Das Nazi-Pogrom 1992 in Rostock gegen Roma und Vietnamesen – Eine Dokumentation, GewerkschafterInnen und Antifa gemeinsam gegen Dummheit und Reaktion, August 2012, http://gewantifa.blogsport.eu/das-nazi-pogrom-1992-in-rostock-gegen-roma-und-vietnamesen-eine-dokumentation/, S. 17.

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