Lippenbekenntnisse der „Bierbar“-Betreibenden

Neonazistische Umtriebe in der „Bierbar“ haben leider eine lange Tradition. Bereits vor fast 10 Jahren stellten wir die Historie von Vorfällen im Umfeld der Frankfurter Kneipe zusammen. [1] Schon damals erklärte der Betreiber, Guido Tietgen, entsprechende Konsequenzen aus den Vorfällen zu ziehen und z.B. Hausverbote zu erteilen. Nachdem es im Jahr 2022 zu mehreren Pöbeleien und Angriffen durch extrem rechte Gäste der „Bierbar“ kam, nahm die neue Betreiberin, Yvonne Tietgen, gemeinsam mit ihrem Ehemann und alten Betreiber in einem ganzen Artikel der Märkischen Oderzeitung Stellung zu den Geschehnissen. [2] Doch ihre Verlautbarungen sind falsch.

So behaupten beide, dass es keine „Nazi-Gäste“ bei ihnen gäbe. Der extrem rechte Liedermacher Björn Brusak, der vor neun Jahren in der „Bierbar“ eine Geburtstagsfeier mit Liedern von u.a. Landser und Frank Rennicke beglückte, habe „einfach seine Gitarre rausgeholt“. Dass das Konzert damals erst durch von Anwohnenden herbeigerufene Polizeibeamt*innen aufgelöst wurde und bei der Geburtstagsfeier mehrere einschlägig erkennbare und bekannte Neonazis aus Frankfurt (Oder) zugegen waren, ist beispielhaft für die Toleranz der Eheleute Tietgen gegenüber zahlfreudigen, extrem rechten Gästen. Anders als in der Märkischen Oderzeitung dargestellt, wurde nicht nur gegen zahlreiche Gäste und Björn Brusak ermittelt, letzterer wurde im Nachgang auch rechtskräftig verurteilt.

Weiterhin geben die Eheleute Tietgen zu Protokoll, dass sie die Neonazis der Kameradschaft „Wolfsschar“, die vor ihrem Barbesuch am 12.11.2022 auf dem Innenhof der Berliner Str. 24 ein an einem Holzgerüst befindliches Stück Stoff entzündet haben und nach ihrem Barbesuch mit Flaschen und weiteren Gegenständen Anwohnende angegriffen und verfolgt haben, nicht als Neonazis erkannt hätten. Das Problem sei laut Guido Tietgen, dass man den Menschen nicht ansehe, „welcher Partei sie angehören oder ob sie Mitglied irgendeiner Gruppierung sind“. Die Neonazis der Kameradschaft „Wolfsschar“ trugen an diesem Abend Kutten, auf denen wahlweise „Wolfsschar“ und „Kameradschaft Wolfsschar“ in großen Buchstaben auf dem Rücken und/oder der Brust abgebildet waren. Obwohl die an diesem Abend tätige Barmitarbeiterin sich anders erinnert, trugen die Neonazis schon auf dem Weg in die „Bierbar“ diese Kutten. Erst nach dem Hinweis durch Anwohnende, dass die in der Bar anwesenden Neonazis durch ihre versuchte Brandstiftung für einen großen Feuerwehreinsatz auf dem Innenhof gesorgt hätten, wurden die Neonazis der Bar verwiesen. Auch an diesem Abend wurde die Bar nach der Devise betrieben: ‚Solange die Polizei nicht kommt, seid ihr willkommen!‘.

Die Theorie der Barmitarbeiterin und der Betreibenden, dass die Neonazis extra mit Auto bis vor die Bar gefahren werden, um dann die Anwohnenden der Berliner Str. 24 anzugreifen, entspricht nicht den Tatsachen. Rechte Angriffe und Bedrohungen gingen von Gästen der „Bierbar“ in den vergangenen Jahren immer wieder aus. Häufig geschah dies in Verbindung mit in der Bar übertragenen Fußballspielen – die rechten Gäste sitzen dort also meist 2-3 h, bevor sie sich entscheiden, Anwohner*innen zu beleidigen, oder Schlimmeres. Wenn es „vor der Bar“ zu Auseinandersetzungen kommt, dann wurden die Neonazis dort nicht abgesetzt oder extra dorthin gefahren, sondern sie waren schlichtweg Gäste der Bar. Hinzu kommt, dass jahrelang der mittlerweile verstorbene, mehrfach vorbestrafte Neonazi Christian Steinicke hinter dem Tresen der „Bierbar“ arbeitete. [3]

Doch auch privat gehen Guido und Yvonne Tietgen nicht nur locker mit extrem rechtem Gedankengut um, sie sympathisieren auch mit extrem rechten Akteur*innen. Guido folgt auf dem Facebook-Account „Guido’s Bierbar“ der AfD, teilt rechte Videos der Seite „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ und ist mit dem Account u.a. mit Neonazis wie Michael Hein, Marco Langkau  und dem AfD Stadtverordneten Andreas Suchanow befreundet.

Guido Tietgen folgt der AfD Hochsauerlandkreis

Auf der Seite „Guido’s Bierbar“ werden rechte Inhalte der Seite „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ geteilt

 

Yvonne ist darüber hinaus mit ihrem Facebook-Account mit dem AfD Stadtverordneten Michael Laurisch und dem Neonazi Willi Muchajer, letzterer war FCV Hool und Mitglied in der Kameradschaft „Kommando Werwolf / Terrorcrew“ (KSKW),[4] befreundet. Yvonne teilt Inhalte der Seite „Büdingen wehrt sich! Asylflut stoppen!“, der AfD Frankfurt (Oder) und Alice Weidel, der rechten Seite „Pro Frankfurt“ und ihr gefällt die Facebook Seite „Frankfurt (Oder) wehrt sich!“ – betrieben vom einschlägig bekannten Neonazi Peer Koss. Über die extrem rechten Aufmärsche der Gruppe „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ berichteten wir bereits mehrfach [5]. Auf deren Seite wird seit mehreren Jahren rassistisches, menschenfeindliches, extrem rechtes Gedankengut geteilt. Sowohl von Yvonne Tietgen privat als auch von der Seite „Guido’s Bierbar“ sind Kontakte zur AfD und zu extrem rechten Personen in Frankfurt (Oder) erkennbar. Wenn die Abgrenzung zur extremen Rechten aber schon privat nicht vorgenommen wird, dann auch weiterhin nicht im Betrieb der „Bierbar“.

 

Yvonne Tietgen gefällt die extrem rechte Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“

Yvonne Tietgen teilt Inhalte der rechten Seite „Büdingen wehrt sich – Asylflut stoppen“

Natürlich teilt Yvonne Tietgen auch Beiträge der AfD Frankfurt (Oder)

„Sollte man sich wirklich mal anhören bis Ende!“, damit meint Yvonne Tietgen eine rechte Rede der AfD-Frontfrau Alice Weidel

 

[1] https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2013/09/08/immer-aerger-mit-der-bierbar/

[2] https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/angriff-in-frankfurt-_oder_-das-sagt-die-betreiberin-der-bierbar-zu-den-nazi-vorwuerfen-67680979.html

[3] wie [1]

[4] https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unser-rueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/ m.w.N.

[5] u.a. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/08/13/frankfurtoder-wehrt-sich-iv-akt-inhaltsleerer-und-aggressiver/ ; https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/08/29/erneuter-schulterschluss-polnischer-und-deutscher-rassistinnen-am-03-september/ ; https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/04/1271/

Veröffentlicht unter Allgemein | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Lippenbekenntnisse der „Bierbar“-Betreibenden

Frankfurt (Oder) 2022: ein antifaschistischer Rückblick, ein extrem rechtes Jahr

Mit den Berichten über die Enttarnung eines Reichsbürger*innen-Netzwerkes stimmten die Medien uns dieses Jahr auf die besinnliche Vorweihnachtszeit ein. [1] Die zunehmende Offenheit faschistischer Umsturz-Fantasien ist jedoch kein Naturereignis. Extrem rechte Gewalttaten häufen sich, wenn die bürgerliche „Mitte“ verroht.

Das Jahr 2022 endete. In diesem Artikel lassen wir exemplarisch extrem rechte Vorfälle Revue passieren. Vier Jahreszeiten – vier Schlaglichter auf die Schattenseiten unserer Stadt. Wir beginnen mit dem Angriff auf den Kulturschaffenden Michael Kurzwelly.

Frühlingsgefühle: Nazi-Angriff auf Kulturschaffenden. Die Polizei weiß von nix.

Am 18.05. verbrennen vier junge Männer auf dem Brückenplatz in der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Str. große Schachfiguren und mehrere Paletten des Vereines Slubfurt e.V. Nachdem zwei Vereinsmitglieder dies zufällig bemerkten und den Vereinsvorstand Michael Kurzwelly hinzu riefen, stellten sie die Täter zur Rede. Michael Kurzwelly versuchte Fotoaufnahmen der Täter anzufertigen, wurde dann allerdings brutal von einem der Täter geschlagen und musste noch am Abend des Geschehens ins Klinikum Frankfurt (Oder) gebracht werden, wo er einen Tag später operiert wurde. [2]

Die noch kurz vor dem Angriff angefertigten Fotos leitete Kurzwelly an die Polizei zur Tataufklärung weiter. Nach zwei Monaten teilte die Polizei mit, dass das Verfahren eingestellt wird, weil – trotz der Bildaufnahmen – kein Täter ermittelt werden konnte. Michael Kurzwelly veröffentlicht daraufhin auf eigene Initiative die Fotos auf seinem Facebook-Account – und sammelt innerhalb eines Tages mehr ermittlungsrelevante Informationen als die Polizei in zwei Monaten. Das allein ist schon erschreckend genug. Dass Bundespolizist*innen vor Ort meinten, dass „die Täter sicherlich Ausländer“ waren, obwohl alle Täter mit brandenburgischem Dialekt sprachen, ist ebenso bezeichnend.

Die Polizei versäumte es zudem, einen vor Ort vernommenen Zeugen, der die Rettungskräfte überhaupt erst zum Tatort gerufen hatte, im internen Polizeibericht zu erwähnen, Als Krönung des Versagens unterließ es die Polizei dann auch noch, ein vom Zeugen abgegebenes Beweismittel zu sichern und nahm auch dieses nicht in den Polizeibericht mit auf. Warum der Zeuge in der Berichtsakte der Polizei nicht aufgeführt wird, kann sich die zuständige Staatsanwältin ebenfalls nicht erklären. [3]

Unaufgeklärt bleibt bis dato die naheliegende politische Motivation der Täter, bei dem mutmaßlichen Angriffstäter handelt es sich vermutlich um einen jungen Frankfurter, der sich in extrem rechten Kreisen bewegt.

Die AfD: Für jedes Sommerloch zu haben

Von der AfD waren in diesem Sommer die gewohnten rechtspopulistischen Äußerungen zu vernehmen: das Fischsterben in der Oder ist für sie ein Grund, die deutsch-polnischen Beziehungen zu beklagen – weil diese angeblich seit Jahren nur zugunsten Polens verliefen. Denn in Polen würde jede Kritik von deutscher Seite immer damit beantwortet, „die Karte der angeblich noch ausstehenden Entschädigungszahlungen zu spielen.“ [4] Dazu werde die deutsche Regierung  bald eine „NAZI-Steuer“ einführen, mit der dann der künftige Umweltschutz bezahlt werden solle. Worum es der AfD eigentlich geht, wird in den Kommentaren auf ihrer Facebook-Seite deutlich: „Die Polen sollen uns die Deutschen Länder zurückgeben und das sehr schnell“, schreibt dort Heiko Mahrenholz. [5]

Auch bei anderen Themen nutzt die AfD jede Chance, um ihre rechtspopulistische Gesinnung zum Besten zu geben: Im Juni löst der Fall des syrischen Mädchens, der aufgrund ihres Hijab ein Praktikumsplatz in einem Modegeschäft verwehrt wurde, einen kleinen Skandal aus. Für die AfD war das mal wieder ein Anlass, um gegen die schmarotzenden „Asylanten“ zu wettern. [6]

Polemik und Hetze sprechen aus jeder Veröffentlichung der Partei. [7] Ihre Beiträge zur konkreten Kommunalpolitik sind veraltet, stattdessen wird permanent auf aktuelle Krisen oder vermeidliche Skandale reagiert. Bezogen auf Klimawandel, Covid-19 und den Krieg gegen die Ukraine ist die Frankfurter AfD auf Linie der Bundespartei. Dass die Stärke der Partei nicht in ihrer Sachkompetenz liegt, sondern dass sie für ihre rechte Stimmungsmache gewählt wird, ist allgemein bekannt. Die Frankfurter Akteure der Partei sind da keine Ausnahme.

Die AfD angekommen im Sommerloch

Darüber hinaus unterstützt die Frankfurter AfD die Aufmärsche der Querdenker*innen, die seit einiger Zeit in der Stadt stattfinden. Außerdem organisiert die Partei Infostände und veranstaltet regelmäßig einen Stammtisch in der „Gaststätte Kakadu“ – gemeint ist das Etablissement „Endstation Kakadu“ im Stadtteil Neuberesinchen, das von Yvonne Müller und Andreas Liesener betrieben wird. [8] Die Inhaber*innen betreiben zusätzlich das „Kakadu Island“ auf dem Ziegenwerder, arbeiten laut eigener Aussage erfolgreich mit dem örtlichen Jugendclub, der Kita und dem Haus der Begegnung zusammen und organisieren auch Hüpfburgfeste auf dem Ziegenwerder.

Politik und Zivilgesellschaft müssen aufpassen, dass die Partei sich nicht noch weiter durch ihre Finanzquelle im Landtag, Wilko Möller, als verlässliche Unterstützerin in der Stadt etabliert. Die Frankfurter AfD versucht dies, indem sie beispielsweise das Frankfurter Sozialkaufhaus besuchte und ankündigte, bei Engpässen auszuhelfen. Im April 2021 wurden bereits 3.850,00 Euro an das Frankfurter Sportzentrum gespendet. Allerdings profitiert auch Möller persönlich von unseren Steuergeldern: Er leistet sich für seine Kurzstreckenfahrten ein überzogenes Fahrzeug, eine Mercedes S-Klasse. [9] Es gibt eben Prioritäten, was man mit den hart verdienten Landtags-Diäten machen sollte…

Der Herbst: Erntezeit für die Extreme Rechte

Die „Frankfurter Freigeister“ bestreiten nach wie vor sog. Montagsspaziergänge, die im Rahmen der Corona-Pandemie entstanden sind, um gegen die Schutzverordnungen zu protestieren. Inzwischen wurde der Russische Angriffskrieg in der Ukraine mit aufgenommen. Während des Sommers 2022 sinkt die Zahl der Teilnehmer*innen zwischenzeitlich auf 100. [10] Von Beginn an wird die räumliche oder ideologische Nähe zur Extremen Rechten heruntergespielt. Es gehört überhaupt zu den auffälligen Merkmalen aller „Freigeister“, „Freien Brandenburger“, „Freien Thüringer“ usw., dass sie das Links-Rechts-Schema „überwinden“ wollen.

Im Herbst gewinnen die Veranstaltungen dann wieder an Zulauf. Über 1.500 Leute kommen zu den Demonstrationen, die zum Politikum werden und auch überregional und im RBB-Fernsehen von den bürgerlichen Medien hilflos diskutiert werden. [11] [12]

Der Protest der „Freigeister“ gegen die Staatsgewalt ist vor allem frei von jeglicher Verantwortung. Woche für Woche laufen sie gemeinsam mit Nazis und finden nichts Anstößiges daran. Organisierte Neofaschist*innen haben in den harmlos auftretenden Initaitiven der „Freien“ eine neue Möglichkeit entdeckt, den Unmut über die Zumutungen der Regierungspolitik zu kanalisieren.

Die Frankfurter AfD mobilisiert natürlich auch zu den Protesten. Ihnen wird dort ganz selbstverständlich eine Bühne geboten, auf der sie sich als des Volkes Stimme inszenieren können. Die „Freigeister“ bemühen sich aber auch hier, ihre faktische Nähe zur extrem rechten Partei nicht zu offensichtlich erscheinen zu lassen. [11]

Der Bezug der „Frankfurter Freigeister“ zu ihrem Ort wirkt harmlos lokalpatriotisch, und soll Originalität verbürgen. Dabei werden Initiativen, Vereine und Parteien der „Freien“ oft von Kadern aus etablierten Nazi-Strukturen gegründet oder von diesen vereinnahmt. [13]

Diesen Herbst zeigt sich bundesweit und besonders deutlich in Frankfurt: Der Firnis der Zivilisation ist dünn. Es ist natürlich auch die schwache Verankerung der linken Bewegung, die dazu führt, dass die Sozialproteste von der Extremen Rechten wirkungsvoll aufgegriffen werden können. Doch vor allem zeigt sich, dass die sog. Mitte der Gesellschaft aktuell wenig anzubieten hat. Die Rechte erntet so die Unzufriedenheit.

Winterzeit: Vor dem Angriff aufwärmen in der Nazi-Kneipe

Seit vielen Jahren schon stellt die „Bierbar“ des Inhabers Guido Tietgen (seit 01.01.2022 aus Sozialversicherungsgründen seine Ehefrau Yvonne Tietgen) einen Treffpunkt trinkaffiner Neonazis dar. Auch wir berichteten bereits mehrfach über rechte Umtriebe und Treffen in der Bar. Während um 2013 herum noch rechte Liedermacherabende und Angriffe auf den Musikclub „Garage“ des Utopia e.V. Rechte zur „Bierbar“ brachten, sind es nun vordergründig Fußballspiele, die die Neonazis in die Bar treibt.

Rückblick: Schon im Sommer fällt die Kneipe abermals mit Bedrohungen und rechten Symboliken auf. Wie Nachbar*innen der Bar berichteten, kommt es wiederholt zu Anfeindungen, Bedrohungen sowie dem Zeigen rechter Symboliken.
So auch am Abend des 19.08.2022, als sich eine Gruppe von Frankfurter Neonazis in der „Bierbar“ versammelt. Die Stimmung der Gruppe schaukelt sich im Laufe des Abends hoch. Aus der Gruppe werden zunächst vorbeigehende Nachbar*innen angepöbelt und bedroht, später kommt es auch zu Hitlergrüßen aus der Gruppe.

Gegen Betriebsschluss der Kneipe verlässt die Gruppe erst die Bar, um kurz danach umzukehren und erneut heimkehrende Nachbar*innen zu bedrohen. Dabei wortführend sind Dirk Matz und Bryan Dachwitz. Dirk Matz ist in einem Frankfurt Tiefbauunternehmen tätig und scheut sich nicht, seine Gesinnung nach außen zutragen. Auch Bryan Dachwitz fiel bereits in der Vergangenheit durch seine rechte Gesinnung und Freundschaften zu Andy Köbke und Siegfried Pauly auf. Darüber hinaus beteiligt sich an den Anfeindungen ein Mitarbeiter einer lokalen Fahrradwerkstatt sowie ein ambitionierter Hertha-Fan.

Dirk Matz und Brian Dachwitz am Abend des 20.08.2022 in der Bierbar.

Wenige Monate später, am Abend des 12. November sind dann 5-6 Leute der Kameradschaft „Wolfsschar“ um Siegfried Pauly in der „Bierbar“ zugegen. Im Hinterhof der Berliner Str. 24, wo der „Utopia e.V.“ und die „Flexible Jugendarbeit“ ihren Sitz haben, zünden sie ein Tuch in der Hoffnung an, die Holzterrasse würde Feuer fangen. Die Gruppe geht zurück in die „Bierbar“. Auf Initiative einer anwohnenden Person, der diese Bedrohung zu weit geht, wird die Gruppe schließlich aus der Kneipe rausgeschmissen. Zeitgleich kommen mehrere Bewohner*innen nach Hause. Sie werden von den Neonazis der Kameradschaft „Wolfsschar“ verfolgt, mit Flaschen und Steinen beworfen. Die Bewohner*innen retten sich gerade noch rechtzeitig ins Haus. Diverse antisemitische und rassistische Beleidigungen begleiten den Angriff. Die Gruppe Nazis versucht dann, die Haustüren einzutreten, scheitert jedoch und verlässt den Ort in Richtung Innenstadt. An der „Movies Bar“ werden sie schließlich von der Polizei eingekesselt, die ihre Personalien aufnimmt – und die Angreifer dann weiter ziehen lässt.

Brian Dachwitz und Siegfried Pauly im Sommer 2022

Quellen und Links:

[1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/reichsbuerger-razzien-ermittlungen-101.html

[2] MOZ-Artikel vom 20.05.2022, abrufbar unter:
https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/polizei-ermittelt-angriff-auf-michael-kurzwelly-am-brueckenplatz-in-frankfurt-_oder_-_-zeugen-gesucht-64539353.html

[3] MOZ-Artikel vom 05.08.2022, abrufbar unter: https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/angriff-in-frankfurt-_oder_-kuenstler-michael-kurzwelly-vom-brueckenplatz-kritisiert-polizei-65858789.html

[4] https://www.afd-ffo.de/2022/08/22/vertrauensbruch-erster-guete/

[5] https://www.facebook.com/afdffo/photos/a.656520021148353/2671046833028985/

[6] https://www.afd-ffo.de/2022/06/12/syrisches-maedchen-mit-kopftuch-bekam-kein-praktikum-bei-orsay-ein-afd-kommentar/

[7] Neben der Webpräsenz der Partei ist die Seite des Mitteilungsblattes „Der blaue Fritz“ zu nennen, das durch besonders krude und hasserfüllte Darstellungen auffällt: https://derblauefritz.com/

[8] https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/gastronomie-und-freizeit-auf-dem-ziegenwerder-in-frankfurt-_oder_-eroeffnet-eine-kleine-eisbahn-61951873.html

[9] https://www.facebook.com/afdffo/photos/pcb.2637072549759747/2637072466426422

[10] https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/corona-in-frankfurt-_oder_-mehr-als-100-menschen-demonstrieren-gegen-impfpflicht-und-_kriegstreiberei_-65430447.html

[11] https://taz.de/Montagsdemos-in-Frankfurt-an-der-Oder/!5894970/

[12] https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/protest-in-frankfurt-_oder_-wachsende-teilnehmerzahl-bei-demonstration-gegen-russland-sanktionen-und-bundesregierung-66856625.html#paywall-tab-anmeldung

[13] https://www.belltower.news/freie-sachsen-mit-der-monarchie-fuer-den-saexit-120069/

Veröffentlicht unter Allgemein | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , , | Kommentare deaktiviert für Frankfurt (Oder) 2022: ein antifaschistischer Rückblick, ein extrem rechtes Jahr

Dennis Kunert – Neonazi seit 2015

Mit den rassistischen Aufmärschen der Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“, organisiert vom Neonazi Peer Koss, bildete sich ab 2015 ein 10-köpfiger Personenkreis von jungen Faschist*innen in Frankfurt (Oder). Während diese in den Jahren 2015 bis 2018 vermehrt durch Beleidigungen, Bedrohungen und Tätlichkeiten gegenüber von ihnen als nicht-deutsch und politisch links eingeordneten Personen auffielen, ist es ab 2019 wieder ruhiger um die einst so aktiven Neonazis in Frankfurt (Oder) geworden. Die Gründe dafür dürften vielfältig sein. Neben Bewährungs- und Freiheitsstrafen verzogen einige aus Frankfurt (Oder) in andere Städte.

Als einer der wenigen Übriggebliebenen präsentiert Dennis Kunert seine extrem rechte Gesinnung bis heute sowohl privat als auch öffentlich im Stadtbild, auf Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen. Erstmals 2015 im Zusammenhang der von Peer Koss organisierten geflüchtetenfeindlichen Demonstrationen in Erscheinung getreten, war er dort mehrfach zusammen mit seinem damaligen Freund Romano Gosda (über den wir bereits hier [LINK] berichtet haben) als Ordner aktiv.

 

Dennis Kunert zusammen mit anderen jungen Neonazis als Ordner auf einer Demonstration von „Frankfurt/Oder wehrt sich“

 

Bereits auf der ersten Demonstration der Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ am 17.01.2015 war er mit von der Partie und schien schon zu diesem Zeitpunkt mit mehreren Personen befreundet gewesen zu sein, die später dem festen Personenkreis der jungen Faschist*innen zugeordnet werden können.

Kunert (neben Franziska Koss, mit Deutschland-Fahne) auf einer Neonazi-Demonstration am 17.01.2015

Außerdem nahm er mit weiteren Neonazis aus Frankfurt (Oder), wie Manuel Danowski, Romano Gosda und den Eheleuten Peer und Franziska Koss, an einem Aufmarsch des III. Weges am 01. Mai 2016 in Plauen teil. [1] Eine Woche später, am 07.05.2016 war er mit einem ähnlichen Personenkreis auf einer Demonstration in Berlin, er skandierte dort Parolen wie „Frei, Sozial und National“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“. [2] Er war Teil einer 20-köpfigen Gruppe, welche gewaltbereit eine Solidaritätskundgebung am 23.05.2016 in Frankfurt (Oder) zu stören versuchte.

Zusammen mit Peer Koss und anderen Neonazis gründete er die „Kameradschaft Frankfurt (Oder)“. Das Banner der Kameradschaft – in Blood & Honour-Ästhetik– postete er auf seiner Facebook-Seite als Titelbild. Die Sympathie für Blood & Honour teilte er auch in mehreren Beiträgen auf seiner Facebook-Seite.

Die alte Facebook-Seite von Dennis Kunert mit unübersehbarem Faible für Blood & Honour

Außerdem war er Teil der „Jungen Nationalisten Frankfurt (Oder)“. Unter diesen Gruppierungen fanden allerdings keine relevanten Aktivitäten statt, sie dienten vielmehr der Abgrenzung und Identitätsfindung innerhalb der extremen Rechten in Frankfurt (Oder).

Auch sonst lässt Dennis Kunert keinen Zweifel an seiner extrem rechten Gesinnung. Er trägt in der Öffentlichkeit szenetypische Kleidung, z.B. von Neonazi-Bands wie der „Lunikoff Verschwörung“ oder den „Weißen Wölfen“. Bilder in dieser Kleidung postet er auf seinen Social-Media-Profilen.

Dennis Kunert mit T-Shirt der Landser-Nachfolge-Band „Lunikoff-Verschwörung“

Nach offenbar internen Streitigkeiten trat Kunert auf extrem rechten Veranstaltungen und Demonstrationen vermehrt allein oder im kleineren Kreis auf. Möglicherweise hat der engere Kontakt von Kunert zu einer damaligen Partnerin von Romano Gosda zu dieser Distanzierung geführt. Die vormals organisierte Gruppe junger Faschist*innen scheint zerstreut zu sein, obwohl die Einzelakteur*innen keine Abkehr von ihrer menschenfeindlichen Ideologie vollzogen haben.

Kunert pflegt auch Kontakte zur „Bruderschaft Wolfsschar Frankfurt (Oder)“ und zu dessen Führungsperson Siggy Pauly (ausführlicher zu Pauly in diesem Beitrag [LINK] von uns). So war Kunert u.a. auf einer Kundgebung der NPD Frankfurt (Oder) am 08.05.2021 und unterhielt sich dort mit Pauly.

Dennis Kunert (rechts mit erhobenem Arm) auf einer NPD-Kundgebung am 08.05.2021

Des weiteren beteiligte er sich an einer Querdenken-Demonstration am 28. November 2020, zu welcher extrem rechte Akteur*innen aus ganz Deutschland anreisten, wie z.B. Maik Schneider (ein wegen Brandstiftung auf eine Geflüchtetenunterkunft verurteilten Neonazi), Robert Wegener, Robert Wolinski, Roy Grassmann, Sven Kilian, aber auch lokale Neonazis wie Benjamin Krüger und Sven Lemke. [3]

Denis Kunert (türkiser Pullover unter offener Jacke) mit Freund*innen auf dem Weg zur „Querdenken“-Kundgebung auf der Oderpromenade

Am 19. Dezember 2021 nahm er gemeinsam mit einem Freund an der AfD-Demonstration gegen eine allgemeine Impfpflicht, gegen Migration und für „Freiheit“ teil, an welcher sich neben dem Neonazi und Landtagsabgeordneten der AfD, Andreas Kalbitz, auch lokale Neonazis wie Sven Lemke beteiligten. [4]

Dennis Kunert (2.v.l. Zigarette drehend) mit einem Freund auf der AfD-Demonstration im Dezember 2021

Zuletzt demonstrierte er nach eigenen Angaben zusammen mit Frankfurter*innen der sog. „bürgerlichen Mitte“ und einschlägigen Neonazis auf den „Montagsspaziergängen“ gegen eine allgemeine Impfpflicht in Frankfurt (Oder).

Dennis Kunert war nach eigenen Angaben auf vielen „Spaziergängen“

Beruflich hat sich Kunert mehrfach umorientieren müssen: Seine Ausbildung als Koch im Studentenwerk Frankfurt (Oder) verlor er nachdem seine extrem rechte Gesinnung bekanntgemacht wurde. Er begann eine Ausbildung als Gleisbauer, die er nicht erfolgreich abgeschlossen hat und arbeitet seit kurzer Zeit in einem Bestattungsunternehmen in Frankfurt (Oder).

Trotz staatlicher und öffentlicher Aufmerksamkeit, konnte sich Kunert in den vergangenen sieben Jahren relativ ungestört von einem rechten Jugendlichen zu einem erwachsenen Neonazi entwickeln. Auch glaubt er, sich weiter öffentlich zur extremen Rechten bekennen zu können. Falls er dahinghend weiter Nachteile in Kauf nehmen muss, ficht ihn dies nicht (mehr) an. Er steht somit exemplarisch für eine verfehlte Jugend- und Sozialpolitik in Ostbrandenburg.

 

[1]: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/05/12/1-mai-in-plauen-iii-weg-aufmarsch-mit-beteiligung-frankfurter-beteiligung/ m.w.N.

[2]: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/05/23/7-mai-zwischen-berlin-und-slubice/ m.w.N.

[3]: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2021/03/02/kein-platz-fuer-neonazis-extrem-rechte-beteiligung-auf-frankfurter-querdenken-kundgebung-am-28-november-2020/ m.w.N.

[4]: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2022/01/28/ueber-die-aufmaersche-gegen-corona-massnahmen-in-frankfurt-oder/ m.w.N.

Veröffentlicht unter Allgemein, Wer steckt dahinter? | Verschlagwortet mit , , , , , | Kommentare deaktiviert für Dennis Kunert – Neonazi seit 2015