Zum 25. April mobilisierte die neonazistische Facebook-Gruppe „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ wieder zu einem Aufmarsch in Frankfurt (Oder). Unter dem Motto „Gegen die Überfremdung unseres Volkes“ wollten sie erneut gegen Geflüchtete hetzen. Damit war dies die dritte Veranstaltung innerhalb von nur vier Monaten. Jedoch anders als bei den beiden ersten Aufmärschen im Januar[1] und Februar[2] wurde diesmal nicht mehr der Versuch unternommen die Versammlung als bürgerlichen Protest zu tarnen. Dafür lud man sich Gäste eindeutig rechter Gruppierungen und Parteien ein.
Kaum Mobilisierung, noch weniger Teilnehmer*innen
Am 3. April posteten die Macher*innen von „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ ein Bild ihrer Demonstration vom 17. Januar 2015 mit der Bildunterschrift: „Am 25.04.2015 ist es wieder soweit… Frankfurt (Oder) wehrt sich!!!“[3] In den folgenden Tagen wurde dieser Post immer wieder in der Timeline der Seite wiederholt. Eine offene Ankündigung, wo und wann ein möglicher Aufmarsch starten sollte wurde nicht bekannt gegeben. Auf Nachfragen von User*innen antworteten die Administrator*innen lediglich, dass Angaben zu Zeit und Ort rechtzeitig bekanntgegeben werden. Der User „Kai Uwe“, offensichtlich einer der Organisator*innen, postete am Donnerstag vor der geplanten Demonstration kurz und knapp: „An alle,Treffpunkt ist Stadion um 12 Uhr!!!“[4]. Dass das Stadion als Startpunkt für den rassistischen Aufmarsch gewählt wurde ist nicht verwunderlich. Bereits im März 2012 versuchten Neonazis aus NPD und „Freien Kräften“ von dort aus in die Frankfurter Innenstadt zu gelangen, was ihnen aufgrund zahlreicher Proteste und Blockaden nicht gelang. [5]
Infolge der recht spärlichen Mobilisierung sagten laut Facebook lediglich 24 ihre Teilnahme zu. [6] Noch im Januar wollten laut facebook-Veranstaltung mehr als 500 Leute teilnehmen. Am Ende waren es etwa 250. Im Februar waren es bereits deutlich weniger gewesen (80). Auch diesmal war zu rechnen, das weniger Leute teilnehmen würden.
Am geplanten Demonstrationstag versammelten sich dann, weit abgeschirmt von der Polizei etwa 55 Menschen am besagten Treffpunkt. Unter ihnen waren keine „besorgten“ Bürger*innen, die die Demonstration als Meinungsäußerung unzufriedener Mitmenschen darstellen hätte können. Ganz im Gegenteil erreichte der vermutlich interne weitergeleitete Aufruf vor allem organisierte Neonazis, die zumeist selbst aus der Oderstadt kamen. Die Frankfurter Neonazis Eric Hempel, Andy Köbke und Martin Wilke gehörten genauso dazu, wie auch Sven Lemke mit weiteren Mitgliedern der Kameradschaft „Kommando Werwolf“. Daneben waren NPDler*innen, wie etwa Alexander Bode, Frank Odoy und Manuela Kokott ebenso anwesend, wie die beiden aus Potsdam-Mittelmark stammenden Neonazis Maik Eminger und Pascal Stolle, die seit kurzem für die neue neonazistische Partei „Der III. Weg“ aktiv sind. Frank Odoy verteilte zu Beginn Flyer für den rassistischen BraMM-Aufmarsch, der am darauffolgenden Montag in Fürstenwalde stattfand. [7] Als Veranstalter traten erneut das Paar Franziska und Peer Koss auf, wobei diesmal zu beobachten war, dass diese Unterstützung bei der Organisation erhielten.
„Der III. Weg“ auf Propagandatour
Besonders Maik Eminger brachte sich in die Organisation der Demo mit ein. So stellte er nicht nur seinen Opel Corsa als Lautsprecherwagen zur Verfügung, sondern trat zusammen mit Anmelder Peer Koss in die Verhandlungen mit der Polizei. Mit ihm und dem erst kürzlich von der NPD zum „Der III. Weg“ gewechselten Bad Belziger Stadtverordneten Pascal Stolle [8] reisten weitere Aktivist*innen aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark an. Maik Eminger und Pascal Stolle trugen anfangs noch T-Shirts ihrer Partei mit der Aufschrift „National, Revolutionär, Sozialistisch“. Aus nicht näher bekannten Gründen untersagte die Polizeiführung das Tragen dieser Shirts, sowie das Zeigen eines der Transparente, welches ebenfalls die Insignien der neonazistischen Kleinstpartei trugen. Auch das mitgebrachte Pult, an welchem die Auftaktrede gehalten werden sollte, musste aufgrund technischer Probleme wieder eingepackt werden.
Diese auffallende Einbringung in die Demoorganisation kommt jedoch nicht von ungefähr. Zwar waren Maik Eminiger und Pascal Stolle bereits zu Gast auf den Aufmärschen der Frankfurter Neonazis, jedoch noch nie unter dem Label, der u.a. von Matthias Fischer und Klaus Armstroff 2013 gegründeten rechten Partei. [9]
Zum ersten Mal als „Der III. Weg“ öffentlich aufgetreten sind Maik Eminger aus Grabow (Landkreis Potsdam-Mittelmark) und seine Anhänger*innen am 21. Februar in Eisenhüttenstadt. [10] Angemeldet als Kundgebung gegen die angebliche Überfremdung inszenierte sich die Partei hier selbst. Dort wurde der Startschuss einer Propaganda-Tour des Brandenburger Ablegers der neuen Neonazi-Partei gesetzt. Nicht anders zu erklären ist die große Teilnahme von etwa 100 Neonazis aus mehreren Bundesländern auf einer Kundgebung mit dem regelmäßig gewählten Thema der Überfremdung und angeblichen Asylflut von rechten Parteien in der brandenburgischen Provinz. Maik Eminger, Bruder des beim NSU-Prozess in München angeklagten André Eminger, [11] versuchte damit seine Anhängerschaft zu festigen, die er bereits mit der Gruppierung „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ in den vergangenen Monaten aufgebaut hatte. [12] Ende März und Mitte April folgten weitere öffentliche Auftritte des „III. Wegs“, u.a. bei einem Aufmarsch in Wittstock [13] sowie bei Kundgebungen in Nauen und Brandenburg an der Havel. [14]
Bei dem ersten öffentlichen Auftritt der rechten Splitterpartei in Brandenburg in Eisenhüttenstadt nahmen neben „Freien Kräften“ auch Mitglieder der NPD Oderland sowie Frankfurter Neonazis, u.a. Andy Köbke, Franziska und Peer Koss teil. Ein Interesse an dieser neuen neonazistischen Partei war also vorhanden und Kontakte bestanden bereits. So lässt sich der letzte Aufmarsch in Frankfurt (Oder) ebenfalls in der Reihe „Der III. Weg“-Propaganda-Tour sehen.
Schweigend in die Innenstadt
Nach dem misslungenen Beginn des Aufmarsches startete die Demonstration in Richtung Frankfurter Innenstadt. Die Spitze bildeten lokale Neonazis, die dabei erneut das zynische Fronttransparent trugen, welches bereits am 14. Februar zum Einsatz kam. [15] Dem zweiten Demonstrationsblock ging das Transparent „Wir für Deutschland gegen Überfremdung“ voraus. Dies führten angereiste Neonazis, die zum Umfeld von Maik Eminger zu zählen sind bereits bei den beiden letzten Frankfurter Aufmärschen mit sich. Neben sonst üblichen Deutschlandfahnen markierten das Ende des kurzen Demozug zwei Fahnen des „III. Weg“. Optisch waren sie damit die einzige Partei die an der Demonstration teilnahm.
Die Neonazis zogen ungestört von Gegendemonstrant*innen über die Walter-Korsing-Straße, vorbei am Arbeitsamt und Oder-Turm auf die Karl-Marx-Straße. Trotz dieser Marschroute, die entlang zahlreicher Wohngebäude zog, blieben die Ewiggestrigen auffallend still. Lediglich leise RechtsRock-Musik war aus Emingers Auto zu hören. Erst auf der Karl-Marx-Straße und dann weiter bis zu ihrer Abschlusskundgebung, die sich in der Nähe des Grenzübergangs befand, wurden vereinzelt Parolen gerufen. Darunter waren nur wenige die sich gegen Flüchtlinge richteten. Vielmehr wollten die Neonazis den Zuhörer*innen in der Stadt klarmachen, dass sie „Frei, Sozial und National“ seien.
Die Abschlusskundgebung wurde dann erneut zu einer Inszenierung des „Der III. Weg“. Eingerahmt von den zwei mitgeführten Fahnen der Partei sprachen die beiden Aktivisten Eminger und Stolle die einzigen Redebeiträge der Demonstration. Hetze gegen Asylsuchende und Widerstand gegen das herrschende System waren die inhaltliche Schwerpunkte in den Reden. Pascal Stolle der sich am 14. Februar noch als einfacher Frankfurter Bürger mit Ängsten um seine Kinder ausgab, provozierte mit antisemitischen Äußerungen. Er forderte ein Ende des Schuldkultes und ein Ende der Zahlungen an Juden*Jüdinnen, für „Dinge, die vor 80 Jahren geschehen sein sollen“. Dies fiel auch der Polizei auf, die Peer Koss ermahnten, gegen den Redner Stolle jedoch nicht einschritten. Anschließend beendete Maik Emimger die Demonstration und die Neonazis wurden zum Stadion von der Polizei zurückbegleitet.
Regelmäßiges Event für Frankfurter Neonaziszene
Trotz der geringen Teilnehmer*innenzahl macht der Aufmarsch jedoch deutlich, dass sich die Versammlungen der Gruppierung „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ in ihrer dritten Auflage zu einem regelmäßigen Event lokaler Neonazis entwickelt hat. Auch in der Vergangenheit weniger aktive Rechte aus der Stadt bieten die Demonstrationen die Möglichkeit regelmäßig ihr menschenverachtendes Weltbild auf die Straße zu tragen, ohne sich hinter dem Transparent irgendeiner rechten Partei zu versammeln. Eine scheinbar selbstorganisierte Demonstration eines neonazistischen Freundeskreises lockt mehr auf die Straße als Parteiparolen.
Der „III. Weg“ stellt zudem eine Alternative zur NPD dar. Bei vergleichbaren Veranstaltungen der NPD in der Vergangenheit waren viele Frankfurter Neonazis diesen ferngeblieben. [16]
Neben Franziska und Peer Koss steckt auch Sven Lemke hinter der Organisation. Mit seinem Auto lieferte er u.a. die Technik für den Lautsprecherwagen und Transparente an. Später mischte er sich auch bei den Gesprächen mit der Polizei ein.
Es ist also davon auszugehen, dass in Zukunft mit weiteren Aufmärschen von Frankfurter Neonazis zu rechnen ist. Das Label „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ bietet dafür eine hervorragende Mobilisierungsplattform. Auch ist damit zu rechnen, das „Der III. Weg“ weiterhin zu den Beteiligten gehören wird. Maik Eminger will seine Partei flächendeckend aufstellen und dafür braucht er Kader, die Stützpunkte leiten können um an kommenden Wahlen teilnehmen zu dürfen. [17] Bislang gelingt dies nur für seinen Heimatkreis Potsdam-Mittelmark.
Dies macht deutlich, dass „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ nicht nur ein Zusammenschluss rassistisch argumentierender Frankfurter ist, sondern sich vor allem Neonazis dahinter verbergen.
Quellen
[1] Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): Aufstand der Ekelhaften, 5. Februar 2015, https://linksunten.indymedia.org/de/node/134011.
[2] Vgl. Inforiot: Frankfurt (Oder): Schweigsame Neonazis und lautstarke antifaschistische Demonstration, 14. Februar 2015, http://www.inforiot.de/frankfurt-oder-schweigsame-neonazis-und-lautstarke-antifaschistische-demonstration/, eingesehen am 28. April 2015.
[3] Vgl. https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, Beitrag vom 3. April, 1:24, eingesehen am 28. April 2015.
[4] https://www.facebook.com/events/915898615098055/, Beitrag vom 23. April, 10:00, eingesehen am 28. April 2015.
[5] Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): Das war wohl nichts, 10. Mai 2012, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/.
[6] Vgl. https://www.facebook.com/events/915898615098055/, eingesehen am 28. April 2015.
[7] Vgl. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=341008442773547&set=p.341008442773547&type=1&theater, eingeshen am 29. April 2015.
[8] Vgl. Presseservice Rathenow: Bad Belzig: NPD Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ / Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren, 4. März 2015, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/, eingesehen am 29. April 2015.
[9] Vgl. netz-gegen-nazis.de: „Der III. Weg“ — eine rechtsextreme Kleinstpartei aus dem Neonazi-Spektrum, 4. März 2015, http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/der-iii-weg-eine-neue-rechtsextreme-kleinstpartei-9317, eingesehen am 29. April 2015.
[10] Vgl. Presseservice Rathenow: Eisenhüttenstadt: Aufmarsch von III. Weg, NPD und „Freien Kräften“, 22. Februar 2015, http://www.inforiot.de/eisenhuettenstadt-militante-neonazis-hetzten-gegen-asylsuchende/, eingesehen am 29. April 2015.
[11] Vgl. Andreas Speit: Eine schrecklich nette Familie, 15. November 2013, http://www.taz.de/!127575/, eingesehen am 29. April 2015.
[12] Vgl. Inforiot: Potsdam und Gransee: Lichtermärsche gegen Asylsuchende, 17. November 2014, http://www.inforiot.de/potsdamgransee-lichtermaersche-gegen-asylsuchende/, eingesehen am 29. April 2015.
[13] Vgl. Presseservice Rathenow: Kundgebungen und Stützpunktgründung des „dritten Weges“ in Brandenburg, 18. April 2015, http://www.inforiot.de/kundgebungen-und-stuetzpunktgruendung-des-dritten-weges-in-brandenburg/, eingesehen am 29. April 2015.
[14] Vgl. Inforiot: Erneut 200 bei Neonaziaufmarsch in Wittstock/Dosse, 29. März 2015, http://www.inforiot.de/erneut-200-bei-neonaziaufmarsch-in-wittstockdosse/, eingesehen am 29. April 2015.
[15] Vgl. Inforiot: Frankfurt (Oder): Schweigsame Neonazis und lautstarke antifaschistische Demonstration, 14. Februar 2015, http://www.inforiot.de/frankfurt-oder-schweigsame-neonazis-und-lautstarke-antifaschistische-demonstration/, eingesehen am 29. April 2015.
[16] Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): Die NPD am 1. Mai in Brandenburg – Gewaltbereit in den Wahlkampf, 21. Mai 2014, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/05/21/die-npd-am-1-mai-in-brandenburg-gewaltbereit-in-den-wahlkampf/.
[17] Vgl. Verfassungsschutz Brandenburg: Maik Eminger und „Der III. Weg“ in Brandenburg, 14. April 2015, http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.395040.de, eingesehen am 29. April 2015.