Kutten, Pumpen und Gewalt – Die Frankfurter Neonaziszene zwischen Sport, Motorrädern und Clubkultur

Im Dezember 2023 erregte ein umfassender Artikel des Recherchekollektiv „EXIF“ viel Aussehen. Über mehrere Seiten wurde über die extrem rechte Mischszene in Berlin um den Fussballverein BFC Dynamo berichtet.¹ Im Umfeld der Ostberliner Hools konnten sich über Jahrzehnte Strukturen entwickeln, die Jobs und Karrierechancen für Neonazis boten, auch wenn sich die gewaltbereiten Fußballfans seit jeher unpolitisch geben. Die Verbindung aus Hooliganismus, Kampfsport, Security und Rocker-Milieu zieht durch seine Zurschaustellung von Männlichkeit, Stärke und Macht Neonazis und gewaltaffine Rassisten an, bietet sie doch auch einen Rückzugsort um ungestört von Protesten und antifaschistischen Interventionen agieren zu können.

Berlin ist nicht weit und die ausführliche Recherche von EXIF kein Alleinstellungsmerkmal der dortigen Neonaziszene. Auch in Frankfurt (Oder) gibt es Berichte über die Entwicklung von Schnittstellen zwischen den Szenen. Bereits vor über 15 Jahren berichtete die Recherchegruppe über gewaltbereite neonazistische Ultras und Hooligans im Fanblock des Fußballvereins Victoria `91 e.V. (vormals FC Vorwärts, seit 2012 1. FC Frankfurt).² Sie folgten damit einem Trend in der Neonaziszene, die sich weg von klassischen Straßenschlägern und NPD-Parteikadern hin zu einer erlebnisorientierten extrem rechten Jugendszene entwickelte. In einer kleinen Stadt wie Frankfurt (Oder) agierten die „FCV-Hools“ jedoch nicht unabhängig von der bis dato prägenden Szene, sondern waren deren fester Bestandteil.
Doch das ist lange her. Auch Neonazis werden älter, gründen Familien und müssen Geld verdienen. Das führte dazu, dass sich einige scheinbar zurückgezogen haben. Ihre Ideologie legten nur die wenigsten ab. Auch ohne Fußball und gewalttätige Übergriffe bleibt die Freundschaft erhalten. Sie treffen sich an Wochenende in Kneipen oder beschäftigen sich mit neuen Hobbies. Wie zum Beispiel dem Motorradfahren.

Streetfighter 208 – Motorräder, Parties und Hitlergrüße

Am späten Abend des 12. Juli 2013 wurden die Bewohner*innen des Frankfurter Stadtteils Westkreuz durch lauten Lärm geweckt. Aus dem naheliegenden Industriegebiet am Güterbahnhof dröhnte laute Musik und Geschrei in die Schlafzimmer. Die alarmierte Polizei stellte gegen 23:20 Uhr in einem als Vereinsheim genutzten Gebäude in der Georg-Richter-Straße eine Gruppe Jugendlicher fest. Dort feierten diese eine Party. Ermittlungen wurden wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet.³ Wie später bekannt wurde, haben die Neonazis während ihrer Veranstaltung RechtsRock abgespielt und nationalsozialistische Parolen gerufen.

Das hier genannte Vereinsheim gehört seit über zehn Jahren den Streetfightern – 208. Auf den ersten Blick wirken die „Streetfighter“ wie ein ganz gewöhnlicher Verein, der vor allem Männer und ihre Leidenschaft zu schnellen Motorrädern verbindet. In den Sommermonaten sieht man die Gruppe durch die Frankfurter Innenstadt fahren und die breite Karl-Marx-Straße wird nicht selten für eine Show der lauten Motorräder genutzt. Ein Publikum für ihre Darbietungen, dass teils begeistert, teils kopfschüttelt wegen der Lautstärke das Schauspiel betrachtet, ist Ihnen hier gewiss. Viele der Fahrer tragen dabei Kleidung mit dem Logo des Vereins: Ein behelmter Totenkopf auf einem angedeuteten Motorrad vor einem in sich verschlungenen Kreuz und der Aufschrift „Frankfurt (Oder) 208“. In ihren Profilen bei Facebook und Instagram werden zudem regelmäßig Berichte von Motorrad-Treffen und Ausflügen veröffentlicht. Einige Mitglieder führen dort ihre teils selbst aufgemotzten Maschinen vor. Frauen finden sich auf den Bildern kaum.

Ein gern gesehener Gast im Vereinsheim der Streetfighter ist Sven Lemke von der Kameradschaft Kommando Werwolf (ganz rechts). (Quelle: facebook)

Sven Lemke wünscht seine Kameraden von den Streetfightern 208 zu Sylvester 2012/2013 „einen guten rutsch ins kampfjahr 2013…..h8“ (sic!) (Quelle: facebook)

Soweit, so normal in der heteronormativen Welt ostdeutscher Motorsport-Vereine. Doch das Vereinsheim und das dazu gehörige Gelände wird nicht nur für das Testen und Reparieren genutzt. Fast jeder zweite Eintrag bei Facebook zeigt Gruppenaufnahmen von Feiern oder Kneipenabenden im Inneren des Gebäudes. Man muss nicht lange suchen, um Kleidungsstücke der extrem rechten Marke „Thor Steinar“ zu entdecken. T-Shirts mit dem Aufdruck „Refugees not welcome“, „FCK RFGS“,  Kutten mit „Schwarzer Sonne“ auf dem Rücken, ein Plakat der RechtsRock-Band „Die Lunikoff-Verschwörung“ in der Ecke und angedeutete Hitlergrüße scheinen dort völlig normal zu sein. Niemand scheint sich daran zu stören, kennen sich dort scheinbar alle. Wenn es Ankündigungen zu Parties gibt werden diese als „nicht öffentlich“ gekennzeichnet. Das nicht ohne Grund. Man will unter sich sein. Denn mit den Räumen in der Georg-Richter-Straße haben die „Streefighter 208“ einen Wohlfühlort für Neonazis mehrerer Generationen im Frankfurter Westkreuz geschaffen. Sven Lemke von der Kameradschaft „Kommando Werwolf“ ist hier ebenso ein gern gesehener Gast, wie die früheren FCV-Hools Willi Muchajer und Tobias Weinberg. Mit Christian Riemer und Christoph Schoefisch gehören mindestens zwei ehemalige extrem rechte Ultras zum inneren Kern des Vereins. Sie tragen Kleidung mit dem Logo der „Streetfighter“ und beteiligen sich an Ausflügen. Auch die Neonazis Mario Lenz, Sven Freimuth, Christian Nickel, Dirk Weinert und Tim Weiche tauchen immer wieder bei den Parties auf. Wenig verwunderlich ist, dass auch Steffen Werschke, inzwischen unter die Tierschützer gegangen,⁴ sich hier wohl fühlt. Der frühere NPD-Anhänger und ehemalige Weggefährte Jörg Hähnels hatte einst auch Kontakte zum Gremium MC. Bei dieser Melange an gewaltbereiten Neonazis findet auch Andy Köbke: „Mensch das sind die bestens Partys bei den Jungs“. ⁵

Völlig normal sind hier neonazistische Shirts und Slogans, wie dieses „FCK RFGS“-Shirt bei einer Party im Vereinsheim. Im Hintergrund das Logo der Streetfighter. (Quelle: facebook)

Die Streetfighter auf Reisen zusammen mit Christof Schoefisch (ganz rechts) in Polen 2022. Mit dabei auch mehrere Mitglieder des Security-Teams des Kamea. (Quelle: Facebook)

Auf dem Gelände am Güterbahnhof können die Frankfurter Neonazis ungestört sein. Fremde verirren sich wohl selten hierher und sind, wenn dann, auch nicht eingeladen. Andere Freizeitaktivitäten werden jedoch sehr wohl im öffentlichen Raum ausgelebt, welcher durch die Präsenz von Neonazis für nicht-rechte Menschen zur Angstzone wird. Ein Beispiel dafür ist der Kraft- und Fitnessbereich.

Der USC Viadrina – Hochschulsport für Neonazis

Es ist kein neues Phänomen, dass Neonazis Sport und insbesondere Kampfsport für sich entdeckt haben. Bereits im Nationalsozialismus diente die sportliche Ertüchtigung der männlichen Wehrhaftigkeit und Vermittlung rassistischer Wertevorstellungen durch die Propagierung des starken deutschen Soldaten. Die Nazis waren davon fasziniert. Adolf Hitler lobte in „Mein Kampf“ das Boxen ⁶ und Leni Riefenstahls Olympia-Film visualisierte die Vorstellung perfekter Körper. Das ganze war nicht nur eine ästhetische Frage, sondern diente ab den frühen 1930er Jahren auch der Kriegsvorbereitung, wie der Sporthistoriker Lorenz Pfeiffer in einem Interview für das Buch „Ihr Kampf“ von Robert Claus hervorhebt.⁷ Auch heute spielen diese Ideale bei extrem rechten Kampfsportlern eine wesentliche Rolle. Trainiert wird dabei für den vielbeschworenen Tag X. Dieser steht dabei als Chiffre für den politischen Umsturz und die Wiedererrichtung einer Diktatur nach nationalsozialistischem Vorbild. Es wird sich bereit gemacht um das demokratische System mit terroristischen Mitteln zu beseitigen und mit ihm alle seine Vertreter*innen, ob politisch oder gesellschaftlich.

Fanden diese Trainings früher zumeist wenig angeleitet und häufig in Verbindung mit militärischen Wehrsportübungen in Wäldern statt, professionalisierte sich die neonazistische Kampfsportszene im Zuge der Neoliberalisierung des Fitnessmarktes und schaffte es durch Gründung eigener Gyms und Kampfsportevents, teilweise mit Herausbildung professioneller Kämpfer, sich zu etablieren. Da wo es diese Räume nicht gibt oder es für ein eigenes Studio an zahlungskräftigen Mitgliedern fehlt, greifen Neonazis auch auf nicht-rechte Fitnessclubs zurück.

In Frankfurt (Oder) ist dies schon seit mindestens 15 Jahren zu beobachten, wenn gleich es nicht ausgeschlossen werden kann, dass gezielte Kampfsporttechniken nicht auch andernorts trainiert werden. Eine Rolle spielte dabei der Hooliganismus der bereits erwähnten FCV-Ultras. Neben Angriffen auf politische Gegner*innen traf man sich damals auch mit andere Hool-Gruppen um am Rande von Fußballspielen gegeneinander anzutreten oder überfiel hinterrücks gegnerische, meist linke Fangruppen. In Frankfurt wurden für die eigene Fitness diverse Sportclubs genutzt. Einige Hools waren Mitglieder in Fußballvereinen, andere wiederum gingen in Gyms, um an den Geräten Kraftsport zu trainieren.

Eines dieser Fitnessstudios, welches sehr beliebt bei den Frankfurter Neonazis zu sein scheint, ist der Universitätssportverein USC Viadrina, der zur gleichnamigen Europa-Universität gehört. Ende letzten Jahres haben Studierende und lokale Antifaschist*innen auf die Zustände in den Räumen des Vereins hingewiesen. Eine Studentin spricht gegenüber der Zeitung nd von einem Klima, „in dem sich Menschen mit demokratiefeindlichen und rechtsradikalen Meinungen wohlfühlen«. ⁸ Neonazistische Tätowierungen und Äußerungen wurden dabei immer wieder von Mitgliedern des Vereins offen präsentiert. Widerspruch oder Sanktionen durch die dort beschäftigen Angestellten gab es nicht. Wenig verwunderlich, fallen diese ebenso durch rassistische Äußerungen auf. ⁹ Die Vorfälle sind seit mindestens Anfang 2022 bekannt. Viele der nicht-rechten Nutzer*innen meiden deshalb den Club, obwohl sie als Studierende der Viadrina dort günstigere Konditionen haben als bei anderen Fitnessstudios.

Die Veröffentlichungen zwangen Verein und Universitätsleitung zu handeln. Es gab Gespräche mit Polizei und Studierendenschaft. Der Vorstand räumte die Vorwürfe in den Gesprächen dann auch ein, sprach aber lediglich von drei Personen, die bekannt seien. ¹⁰ Etwas merkwürdig rührt dann doch die Begründung des Nichthandels, denn die drei Neonazis würden sich ja an die Regeln halten. Bei einer Diskussionsrunde im Dezember letzten Jahres behauptete der USC-Vorsitzende Torsten Bergk zudem, dass diese drei Mitglieder „nicht mehr in der rechten Szene aktiv“ ¹¹ seien. Eine reine Schutzbehauptung, wie das Beispiel einer Person zeigt, die laut rbb in früheren „Blood and Honour“-Strukturen aktiv war. Hierbei handelt es sich mit hoher wahrscheinlich um Michael Hein. Hein ist örtlichen Antifaschist*innen seit mindestens 30 Jahren als gewaltbereiter Neonazi bekannt. Seit seiner Bekanntschaft mit dem Sänger der RechtsRock-Band „Oidoxie“, Marko Gottschalk, um das Jahr 2000 ist er in „Blood and Honour“- Strukturen und in dessen terroristischen Arm „Combat 18“ aktiv. ¹² Laut früherer Mitglieder des USC trainiert Hein dort bereits seit mindestens 2010. Seine eindeutigen Tätowierungen hätten also schon viel früher auffallen müssen. Dass neben Michael Hein auch Jacob Hagen dort ein und aus ging verwundert deshalb nicht. Hagen ist der Sohn von David Pfeiffer, einem engen Freund Heins und wie er Mitglied in der Bruderschaft 25, einer lokalen Nachfolge-Organisation von „Blood and Honour“ mit Verbindungen zur polnischen Neonazi-Szene. ¹³ Jacob Hagen selbst ist zudem kein unbeschriebenes Blatt. Im Dezember 2016 wurde er wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung auf Gäste einer Shisha-Bar im März 2015 verurteilt. ¹⁴ Mit Michael Hein und David Pfeiffer besuchte er außerdem mehrere RechtsRock-Konzerte oder nahm an an Demonstrationen der neonazistischen Gruppierung „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ teil.¹⁵ Dass Hagen, Hein und eine weitere Person die einzigen Neonazis sein sollen, die dort zuletzt trainiert haben, ist mindestens kritisch zu betrachten. Es ist bekannt, dass in den vergangenen Jahren weitere Personen aus dem Umfeld der FCV-Hools sowie Mitglieder der Kameradschaft Kommando Werwolf dort sportlich aktiv gewesen waren.

Exkurs Kamea: Türpolitik bestimmt von einem Neonazi

Eine der Personen die in der Vergangenheit auch im USC trainiert haben ist Andy Köbke. Er ist seit etwa 20 Jahren in der Neonaziszene aktiv und war u.a. an der Schändung des Gedenksteins für die ehemalige Synagoge am Brunnenplatz 2006 beteiligt.¹⁶ Als FCV-Hool und regelmäßiger Teilnehmer extrem rechter Demonstrationen hat er es mit seiner dort gesammelten Gewalterfahrung bis in das Security-Team der größten Frankfurter Diskothek Kamea geschafft. Mehrere Aufnahmen unter der Rubrik „Partybilder“ der Webseite des Clubs zeigen ihn in entsprechender Kleidung, die ihn als Mitglied des eigenen Sicherheitsdienst ausweisen. Auf einem Foto vom 18. Mai diesen Jahres ist er zusammen mit Kollegen in Warnwesten zu sehen. Darunter trägt er ein T-Shirt, welches nur von FCV-Hooligans getragen werden durfte. Mit seiner Rolle als Türsteher und Security-Mitarbeiter hat er hier das Hausrecht und kann entscheiden wer rein kommt und wer nicht. Zwar weist die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in ihrer Handreichung ¹⁷ auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hin, welches eigentlich rassistische Einlassverwehrungen verhindern soll. Eine Kontrolle darüber, wie das Hausrecht jedoch umgesetzt wird, findet nur selten statt.
Andy Köbke muss auch durch seine Kollegen keine Konsequenzen fürchten. Mindestens drei weitere Mitarbeiter der größten Diskothek Frankfurts gehören zum Umkreis der Streetfighter oder sind eng bekannt mit anderen Frankfurter Neonazis. Zwar sind nicht alle Türsteher so wie Köbke und nicht jeder migrantisierte Gast wird abgewiesen. Aber durch die Anstellung eines Neonazis und durch den kollegialen Umgang mit diesem, wird auch hier exrem reche Ideologie normalisiert. Ähnlich wie beim USC wird somit auch der Club Kamea zu einem Angstraum für manche nicht-rechte und migrantisierte Menschen. Das Motto „Kamea Club  – So macht Ausgehen Spaß“ gilt somit nicht für alle und bleibt denen vorbehalten, die in den Augen eines Neonazis wie Köbke in sein Weltbild passen.

Ein fester Bestandteil von Männerbünden: Der Neonazi Andy Köbke (obere Reihe, 2. von link) im T-Shirt der FCV-Hools auf einem Gruppenfoto des Security-Teams der Diskothek Kamea am 18. Mai 2024 am Helenesee. (Quelle: Homepage Kamea)

Ein fester Bestandteil von Männerbünden: Der Neonazi Andy Köbke (obere Reihe, 2. von link) im T-Shirt der FCV-Hools auf einem Gruppenfoto des Security-Teams der Diskothek Kamea am 18. Mai 2024 am Helenesee. (Quelle: Homepage Kamea)

Was bleibt festzustellen?

Die Beobachtungen vom Agieren Frankfurter Neonazis in öffentlichen Räumen der Stadt lassen nur erahnen welches extrem rechte Gedankengut sich inzwischen hier unter vermeintlich unpolitischen Akteur*innen verbreitet haben mag. Sei es im Fitnessstudio nach Feierabend oder am Wochenende in der Disko oder beim gemeinsamen Ausflug auf Motorrädern. Die stille Akzeptanz fördert die Normalität, wie die Kampagne „Runter von der Matte – Kein Handshake mit Nazis“ treffend im Bezug auf die Nutzung von Trainingsräumen durch Neonazis in ihren Guidelines hinweist. ¹⁸

Das neonazistische Mitglieder wissentlich seit Jahren im USC zumindest ignoriert wurden und sich der Verein nicht zum Einschreiten veranlasst sah, da diese sich ja regelhaft verhielten, ist zu skandalisieren. Es ist ein Armutszeugnis für einen Sportclub einer internationalen Universität, dass erst jetzt mit dem Bekanntwerden der Vorfälle eine Hausordnung geschaffen wurde, die Rassismus und Diskriminierung sanktionieren soll. Dabei ist bekannt, dass seit der Neugründung der Europa-Universität 1991 Studierende immer wieder rassistische Gewalt in Frankfurt erfahren mussten.¹⁹  Wie aktuell diese Bedrohungen im Umfeld der Universität sind, zeigt die Chronik rechter & rassistischer Vorfälle. 2023 lag einer der Schwerpunkte rechter Taten auf dem Uni-Campus, wo immer wieder Hochbeete mit umweltpolitischen und antifaschistischen Statements zerstört wurden. ²⁰ Dass diese von einem ehemaligen Oberbürgermeister wieder einmal als unpolitischer Vandalismus verharmlost wurde, passt zur derzeitigen Stimmung in der Stadt, die mit hohen AfD-Wahlergebnissen und zunehmender neonazistischer Propaganda droht, erneut zu einer rechten Hochburg zu werden. Wie in den sogenannten Baseballschlägerjahren werden Warnungen vor diesen Tendenzen als Panikmache abgetan, die nur dem Image der Stadt schaden, die sich als weltoffen darzustellen versucht. Das „Freundliche Frankfurt“ ist am Ende eben nur freundlich, wenn man die Schattenseiten nicht sehen will.

Hier sind die Neonazis ungestört: Das Vereinsheim der Streetfighter 208 zwischen Containerbahnhof und Gewerbegebiet im Frankfurter Westen. (Quelle: bing Luftbild)

Hier sind die Neonazis ungestört: Das Vereinsheim der Streetfighter 208 zwischen Containerbahnhof und Gewerbegebiet im Frankfurter Westen.

Fußnoten:
1 Vgl. https://exif-recherche.org/?p=11707
2 Siehe hierzu mehrere Veröffentlichungen der Antifaschistischen Recherchegruppe seit 2006. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/?s=fcv
3 Vgl. www.internetwache.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=11619755. (link nicht mehr verfügbar)
4 Vgl. MOZ (15. April 2021): Zuhause für Kurt und Krömer gesucht. Werschke ist Vorstandsmitglied des Tierschutzvereins Frutzel im Frankfurter Ortsteil Güldendorf.
5 Vgl. Kommentar auf der Facebook-Seite „Streetfighter 208“ vom 22. Oktober 2023. (Letzter Zugriff 10. Mai 2024)
6 Vgl. Robert Claus (2020): Ihr Kampf. Bonn. S. 23.
7 Vgl. Robert Claus (2020): Sport im Nationalsozialismus. Interview mit Prof. Dr. Lorenz Pfeiffer. In: Ihr Kampf. S. 49ff.
8 Vgl. Meier, Jule (15. Dezember 2023): Viadrina-Universität Frankfurt (Oder): Nazis auf dem Campus. nd. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178558.rechtsextremismus-viadrina-universitaet-frankfurt-oder-nazis-auf-dem-campus.html. (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
9 Pekel, Selim (12. Dezember 2023): Wie der USC Viadrina auf die Neonazi-Vorwürfe reagiert. Blauer Kasten, MOZ. https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/uni-in-frankfurt-_oder_-wie-der-usc-viadrina-auf-die-neonazi-vorwuerfe-reagiert-72500981.html. (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
10 Vgl. rbb24 (13. Dezember 2023): Viadrina kündigt nach rechtsextremen Vorfällen Maßnahmen an. https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/panorama/2023/12/viadrina-rechtsextreme-vorfaelle-sportclub-neonazis-studenten-kanzler-diskussion.html. (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
11 Pekel: Wie der USC Viadrina auf die Neonazi-Vorwürfe reagiert.
12 Vgl. EXIF (16. Juli 2018): «Combat 18» Reunion,. https://exif-recherche.org/?p=4399, (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
13 Vgl. Verfassungsschutz Brandenburg: „Bruderschaft 25“ (B25). In: Verfassungsschutzbericht 2018, 26. April 2019, S. 85.
14 Vgl. taz (23. März 2015): Drei Haftbefehle erlassen. https://taz.de/Rassistischer-Angriff-auf-Syrer/!5015414/. (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
15 Vgl. Antifaschistische Recherchegruppe (16. April 2018): Rock und Runen. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2018/04/16/rock-und-runen-die-lebenswelt-des-neonazis-benjamin-krueger/#sdfootnote6sym. (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
16 Vgl. Antifaschistische Recherchegruppe (24. Februar 2016): Andy Köbke – Eine klassische Frankfurter Neonazikarriere. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/02/24/nr-1-andy-koebke-eine-klassische-frankfurter-neonazikarriere/. (Letzter Zugriff 31. Mai 2024)
17 Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2015): Du darfst rein. Gegen Rassismus an der Clubtür. https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Flyer/diskotheken_vorlesesoftware_optimierte_version_20151221.pdf?__blob=publicationFile&v=3.
18 Vgl. Runter von der Matte! (5. Februar 2019): Guidelines zum Umgang mit rechten Inhalten in euren Trainingsräumen, Pkt. 4. https://runtervondermatte.noblogs.org/guidelinesgegenrechtekampfsportler/. Letzter Zugriff 1. Juni 2024)
19 Vgl. Fritsche, Andreas (20. Mai 2021): Eine Pistole an die Schläfe gehalten. nd. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1152194.rechte-gewalt-eine-pistole-an-die-schlaefe-gehalten.html. Letzter Zugriff 1. Juni 2024)
20 Im Bereich des Campus wurden mindestens 12 Sachbeschädigungen registriert. Vgl. Meldestelle des Utopia e.V. (2023): Schwerpunkte rechter Taten 2023. In: Chronik rechter & rassistischer Vorfälle 2023, S. 7f.

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Michael Laurisch – ein widerwärtiger Rassist der Frankfurter AfD

Michael Laurisch und Höcke

Faschisten unter sich, Laurisch (1.v.l.) und sein Idol Höcke

Soziale Medien gelten bereits seit längerem als Katalysator von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und einer Verachtung von Allem, was in den Augen von Neonazis und anderen Rechtsextremen verachtenswert ist. Angefacht wird die Stimmung in Postings auf X, Instagram und Co. dabei maßgeblich von extrem rechten Akteur*innen und Politiker*innen der AfD. Keine Ausnahme bilden dabei Frankfurter Parteimitglieder der extrem rechten Partei. Eine Person die dabei besonders hervorsticht ist Michael Laurisch.

Laurisch ist stellvertretender Vorsitzender im Vorstand des AfD-Stadtverbandes. Auf seiner Twitter-Seite (heute „X“) verbreitet er schon seit langem vollkommen unverblümt seine extrem rechte Ideologie. Die nachfolgende, nicht abschließende, Aufzählung von Postings und Kommentaren, nur allein aus dem Jahr 2023, verdeutlicht das erschreckende Ausmaß der menschenverachtenden Gedanken Laurischs.

Wer ist Michael Laurisch?

Der pensionierte Zollbeamte wurde 1963 geboren und sitzt seit einiger Zeit für die AfD in der Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt (Oder). Er ist unter anderem Teil des Wirtschaftsausschusses und sitzt im Aufsichtsrat der Frankfurter Dienstleistungsholding GmbH sowie der Stadtwerke Frankfurt (Oder) GmbH. In einem beispiellosen Vorgang ließ die Stadtverwaltung bereits 2020 einen Antrag von Laurisch wegen des Verdachtes der Volksverhetzung prüfen, er stellte damals einen Zusammenhang zwischen der Erteilung von Fahrerlaubnissen für Migrant*innen und dem Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 her. [1]

Twitter-Posts

Seine freie Zeit als Pensionär nutzt Laurisch offenbar auch, um im Internet zu hetzen. Wir haben im Folgenden eine kleine Auswahl zusammengestellt, um zu zeigen: bei Michael Laurisch handelt es sich um einen lupenreinen Antidemokraten und Rassisten.

PoC-Frauen werden von Laurisch als „Black Mamas“ mit „mega große[r] Klappe“ und deren Kinder als „Bimbis“ bezeichnet, er fragt: „Wer weiß denn schon was da aufgezogen wird?“

PoC-Frauen werden von Laurisch als „Black Mamas“ mit „mega große[r] Klappe“ und deren Kinder als „Bimbis“ bezeichnet, er fragt: „Wer weiß denn schon was da aufgezogen wird?“

Für Laurisch gelten Menschenrechte „vorrangig für Heimische..und das ist gut so.“

Für Laurisch gelten Menschenrechte „vorrangig für Heimische..und das ist gut so.“

 

Für Laurisch sind alle „Türken“ „dumm“.

Für Laurisch sind alle „Türken“ „dumm“.

 

Laurisch spricht von „Kanaken“, die seiner Meinung nach alle dumm sind und „nie anders“ werden.

Laurisch spricht von „Kanaken“, die seiner Meinung nach alle dumm sind und „nie anders“ werden.

 

Eines seiner Lieblingsthemen – die „Remigration“.

Eines seiner Lieblingsthemen – die „Remigration“.

 

Zuerst schrieb er zutiefst frauenverachtend über ukrainische Geflüchtete und dann teilte er unter einem anderen Post über Geflüchtete mit, dass all diese Geflücheteten so ein „Häßlichkeitsgen“, welches „tief drinnen verwurzelt“ sei haben und welches zu einem Großteil vom „nicht vorhandenen Hirn“ stamme.

Am 10. Juni 2023 fiel Laurisch gleich mit mehreren Aussagen auf. Zuerst schrieb er zutiefst frauenverachtend über ukrainische Geflüchtete und dann teilte er unter einem anderen Post über Geflüchtete mit, dass all diese Geflücheteten so ein „Häßlichkeitsgen“, welches „tief drinnen verwurzelt“ sei hätten und welches zu einem Großteil vom „nicht vorhandenen Hirn“ stamme.

 

Wer so offensichtlich rassistisches Gedankengut hegt, steht mit Sicherheit schon lange nicht mehr auf dem Boden der demokratischen Grundordnung. Laurisch wäre als Zollbeamter schon ungeeignet gewesen, so eine Person darf aber auch keine kommunalpolitische Funktion innehaben.

Wie kann ein Mensch, der seine rassistischen und sexistischen Gedanken so offen äußert, im Aufsichtsrat von mehreren kommunalen Unternehmen sitzen?

Mit seinen Aussagen ist Michael Laurisch aber keineswegs isoliert in der AfD. Während in demokratisch verfassten Parteien in den letzten Jahren immer wieder Mitglieder aufgrund ähnlicher Aussagen ausgeschlossen worden sind,  muss dies Laurisch nicht fürchten. Dies zeigt nur einmal mehr, dass die AfD nicht an einer gleichberechtigten Demokratie interessiert ist, sondern diese nur nutzt um ihre völkisch-rassistische Politik umzusetzen und die Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, die Michael Laurisch in seinen Posts zu verabscheut.

 

[1]: https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/vorwurf-der-volksverhetzung-stadt-frankfurt-_oder_-will-afd-anfrage-von-staatsanwaltschaft-pruefen-lassen-53535289.html

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Wenig Geist und freier Eintritt für die extreme Rechte. Die Entwicklung der Frankfurter „Freigeister“ seit Februar 2023

Nazis im Anmarsch. Demonstrant*innen gegen die „Freigeister“ werden von der Straße geprügelt

Das Problem der „Freigeister“ und ihrer Montagsspaziergänge ist bekannt: Sie spielen ihre Nähe zur (extremen) Rechte herunter. Ihr politischer Kompass ist kaputt, sie wollen das Links-Rechts-Schema überwinden. Das kennen die Deutschen bereits aus der Zeit der Weltkriege: Immer dann, wenn alle zusammenstehen – oder wie bei den „Freigeistern“, zusammen-gehen sollen, heißt das im Klartext: Nazis welcome!

Viele „Freigeister“ filmen sich und ihre Spaziergänge gerne selbst. Seit den Corona-Protesten gehören die endlosen Livestreams von Spaziergängen im Schneckentempo dazu, Rechte und extreme Rechte haben damit auch meist kein Problem. Ihr Motto: Je langweiliger die Aufnahme, desto harmloser kommen die Freigeister rüber. Nur dumm, dass mit dem Mitschnitten auch die Verquickung der Frankfurter AfD, der Freigeister und der Neonaziszene dokumentiert wird.

Kurzer Rückblick: Die Geschehnisse am 25.2.2023

Der Aufmarsch der Frankfurter „Freigeister“ am 25. Februar 2023 mit ca. 1.300 Teilnehmenden wurde in vielen Medien aufgegriffen. Worüber MOZ und Co. nicht oder nur am Rand berichten: die rege Teilnahme von Neonazis und anderen extremen Rechten. [1]

„Special Guest“ der Demonstrantion im Februar 2023 war der ausgeschlossene Brandenburger Ex-AfD-Vorsitzende Andreas Kalbitz. Kalbitz ist bekanntermaßen selbst für die AfD zu rechtsextrem. Nachdem er nicht mehr zu halten war, beschloss der Bundesvorstand der ebenfalls extrem rechten AfD seinen Ausschluss. Der Frankfurter AfD-Führer Wilko Möller hat zwar nie einen Hehl aus seiner Ergebenheit gegenüber Kalbitz gemacht, aber ihn auch nicht weiter verteidigt, als dieser den Machtkampf verloren hatte. Auf einer Videoaufnahme vom 25. Februar wird dies unfreiwillig deutlich. Möller steht auf der Bühne und wartet auf den Beginn seiner Rede. Ein Lakai von Kalbitz kommt zu Möller und sagt: „Du sollst Andreas begrüßen“. Möller schaut etwas gequält, steigt aber sofort von der Bühne und eilt dem nur wenige Meter entfernten Kalbitz entgegen. Die Begrüßung der einstigen Kameraden selbst ist nicht zu sehen, dürfte an Verlogenheit jedoch schwer zu überbieten gewesen sein. Nicht zuletzt wird hier ungewollt deutlich, dass Möller nach wie vor ideologisch kein Problem mit dem Neonazi Kalbitz hat, und darüber hinaus auch nicht die politische Souveränität besitzt, sich von Kalbitz fernhalten zu können.

Nicht allen Neonazis gefällt das Filmen der eigenen Demonstrationen. Vor den Livestreams versuchte sich zum Beispiel Paul Könnecke zu verstecken, der unter anderem schon 2016 bei den asylfeindlichen „Frankfurt (Oder) wehrt sich“-Aufmärschen und am Neonazi-Aufmarsch der Bruderschaft Wolfsschar 2021 dabei war. Auf den Aufnahmen von der Demo am 25. Februar ist zu sehen, wie er vor dem Oderturm eine Gegendemonstrantin bepöbelt.

Matthäus Westfal, der sich selbst „AktivistMann“ nennt und sich als unabhängiger Journalist ausgibt, ist seit den sogenannten Corona-Protesten regelmäßiger Gast auf extrem rechten Versammlungen.  So war er u.a. am „Reichstagssturm“ zusammen mit dem Neonazi Nikolai Nerling beteiligt und hat die bekannten Videoaufnahmen dort angefertigt. Beide sind freundschaftlich verbunden. Westfal ist zudem mehrfach vorbestraft und musste sich zuletzt wegen einer transfeindliche Beleidigung vor dem Amtsgericht Berlin Tiergarten verantworten.

Eine weitere Aktivistin aus dem verschwörungsideologischen Spektrum ist Sabrina Kollmorgen. Sie war ebenfalls am 25. Februar in Frankfurt und hielt am Ende der Demo eine Rede. Sie war Kandidatin für die Partei „Die Basis“ in Berlin, ist bekannt als „coronakritische Ex-Krankenschwester“ und wird von vom extrem rechten Medium „CompactTV“ hofiert.
Weitere Teilnehmer waren u.a. die Neonazis Marco Langkau, Claudius Fabig, Michael Wittwer und Roman Mironow.

Unter dem Gesichtspunkt, dass auf den Veranstaltungen der „Freigeister“ aggressiv mit Verschwörungsmythen gehetzt wird, ist es kaum verwunderlich, dass ihr Motto des „friedlichen Protests“ nur eine Fassade ist. Mutig waren hingegen Demonstrierende, die sich gegen die Demo auf die Straße legten – als Symbol der Opfer und Vertriebenen des Angriffskrieges von Putin. Diese wurden prompt von den Ordnern rechtswidrig von der Straße gezerrt, ihre Habseligkeiten durch die Gegend geworfen, und zum Schluss wurde eine Demonstrantin sogar gewaltsam an den Rand gedrängt und auf den Boden geschubst; sie musste später im Krankenhaus behandelt werden [2]. Später kooperierte dann noch eine Polizistin mit einem Ordner, um die letzten Menschen auch noch von der Straße zu ziehen.

Was folgte nach Februar 2023: Geringere Mobilisierung – konstantes rechtes Potential

Die Montagsdemos haben seitdem in ihrer Regelmäßigkeit nicht nachgelassen, wenn auch mit deutlich geringeren Teilnehmendenzahlen als noch zu Corona-Zeiten, wo zeitweise über 1.000 den Aufrufen gefolgt sind.  Die Themen haben sich zeitdem gewandelt. Nach dem Auslaufen der Corona-Maßnahmen wurde der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die damit verbundene Inflation zum Hauptthema. Das die „Freigeister“ auch nicht vor geschichtsrevisionistischen und holocaustverharmlosenden Aktionen zurückschrecken zeigte ihr Aufmarsch am Montag den 8. Mai, dem Tag der Erinnerung des Sieges über Nazi-Deutschland. Dort ließen sie es sich nicht nehmen, am Synagogen-Gedenkstein „allen“ Opfern des Holocaust zu gedenken – schloßen also in ihrem Gedenken NS-Täter*innen mit ein und bedienten damit das Narrativ der unschuldigen Deutschen, die von Hitler ins Verderben geführt wurden. Dieser Geschichtsrevisionismus kommt ohne Täter:innen aus und verschleiert die Verantwortung der Deutschen für Krieg und Massenvernichtung.

Um den schwindenden Besucher*innenzahlen entgegen wirken zu können, hatten die „Freigeister“ am 21. Mai wieder zu einer „Großdemonstration“ aufgerufen. Weit mehr als 300 wurden es am Ende dennoch nicht. Im Schnitt sind es meist nur 150-250 Menschen. Mit von der Partie war der Liedermacher Estéban Cortez, der im Windschatten der Montagsdemos groß geworden ist. Zu Gast war auch Hendrik Sodenkamp, Mitherausgeber der während der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen entstandenen, verschwörungsideologischen Zeitung „Demokratischer Widerstand“. Medial begleitet wurde der Aufzug vom österreichischen „alternativen“ Mediensender und Prepper-Shop AUF1,[3] der allein auf Telegram knapp 250.000 Subscriber hat. Die extrem rechte Sender suchte dabei gezielt nach Interview-Partner*innen mit bevorzugtem Weltbild. So etwa einen Teilnehmer des Aufmarsches mit einer Stauffenberg-Flagge (sog. Wirmer-Flagge) – dem Symbol des (letztlich erfolglosen) militärischen Widerstands gegen das NS-Regime. Die Symbolik lässt sich jedoch weniger als antifaschistisch verstehen, sondern deutet eher darauf hin, welcher Mittel sich die „Freigeister bedienen“ wollen, um ihren Protest gegen die Bundesregierung idealerweise zu Ende zu bringen.[4]

[1] Mitschnitt der Demo am 25.2., Teil 1 https://www.youtube.com/watch?v=OIPlqh3lM8A und Teil 2 https://www.youtube.com/watch?v=ieH1SRjWb0U.
[2] https://oderwelle.de/koerperlicher-angriff-durch-teilnehmer-der-sogenannten-friedensdemo-in-frankfurt-oder/
[3] https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2023/04/27/was-hinter-auf1-stefan-magnet-und-der-ausbreitung-des-oesterreichischen-verschwoerungssenders-steckt-desinformation-und-rechte-hetze/
[4] https://t.me/s/FrankfurterFreigeister?before=752

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