Rock und Runen. Die Lebenswelt des Neonazis Benjamin Krüger

Am Beispiel des Frankfurter Neonazis Benjamin Krüger, wohnhaft in der Karl-Marx-Straße 23, lassen sich rechte Lebenswelten beschreiben. Für Außenstehende bleibt oft verborgen, wie in der identitätsstiftenden RechtsRockszene1 Gleichgesinnte ihr rassistisch-nationalistisches Weltbild schrittweise entwickeln und schließlich gar ihre Sympathie für den Rechtsterrorismus offen ausleben. Es sind genau diese Lebenswelten, die es zu dekonstruieren gilt, wenn wir ihre Anziehungskraft vermindern wollen. Dafür müssen wir uns zunächst mit den aktiven Akteur*innen auseinandersetzen.

Die „Bruderschaft 25“ und der Besuch von RechtsRock-Konzerten

Benjamin Krüger bewegt sich im Umfeld organisierter Neonazis der „Bruderschaft 25“, die mit einem szenetypischen Zahlencode (25 = Blut & Ehre) an die seit dem Jahr 2000 verbotene rechtsterroristische Vereinigung „Blood & Honour“ erinnern möchte. Trotz Verbot bestehen die Strukturen des neonazistischen Musiknetzwerkes fort. Aus dem Umfeld des bewaffneten Arms „Combat 18“ ( 18 = Adolf Hitler) wurde auch das NSU-Netzwerk unterstützt. Diese enge Verbindung von Musik und Terror zeigt die Brisanz der Frankfurter RechtsRockszene. Gemeinsam mit anderen Neonazis aus der „Bruderschaft 25“ – u.a. den Frankfurtern Michael Hein und David Pfeiffer – besuchte Krüger in der Vergangenheit diverse RechtsRock-Events.

So war er auf mindestens vier Konzerten, die mitunter aus dem „Blood & Honour“-Netzwerk heraus organisiert wurden. Wer an solchen Veranstaltungen teilnehmen möchte, muss einen gewissen Organisationsgrad vorweisen. Tickets sowie Informationen über Ort und Zeitpunkt der Konzerte sind meist nicht öffentlich, sondern werden nur an ausgewählte Personen weitergegeben und gleichen einer Schnitzeljagd.2 Dass Benjamin Krüger an z.T. illegalen und geheim organisierten RechtsRockkonzerten teilnimmt, bestärkt also die Annahme, dass er eng an die „Bruderschaft 25“ angebunden ist.

Eine Übersicht der RechtsRock-Konzerte, an denen Benjamin Krüger teilnahm (unvollständig):

Am 06. Juni 2015 nahm er gemeinsam mit Mitgliedern der „Bruderschaft 25“ an einem Konzert unter dem Motto „Vikings Invasion“ in der Diskothek „Strefa -1“ in Komprachcice, Polen teil. Auf einem Foto ist Krüger mit polnischen Neonazis und zwei Mitgliedern der „Bruderschaft 25“ zu sehen. Krüger trägt auf dem Foto ein T-Shirt der „Family‘s Black Sheep“ (zu dieser Gruppierung siehe weiter unten). Auf dem Konzert spielten u.a. die RechtsRockbands „Mistreat“, „Obłęd“ und „LTW“3.4

Im Haß vereint. Benajmin Krüger (ganz links) zusammen mit deutschen und polnischen Nazis auf der Vikings Invasion“ in der Diskothek „Strefa -1“ in Komprachcice, Polen

Am 31. Oktober 2015 war Benjamin Krüger Gast beim RechtsRock-Event „Hate Train to Halloween II“ in der Slowakei. Bei dieser Veranstaltung spielten Größen der RechtsRock-Szene wie „Bound for Glory“, „Mistreat“, „Radikahl“ und „Blitzkrieg“. Erstere sind eine der ältesten und einflussreichsten US-amerikanischen RechtsRock-Bands – ein Umstand, der auch Krüger zu begeistern scheint. So ließ er sich auf besagter Veranstaltung mit Ed Wolbank, dem Frontmann der Band, ablichten. Die Band steht dem rechtsterroristischen „Hammerskin-Netzwerk“ nahe. Wolbank selbst war zeitweise Anführer der „Hammerskins“ in Saint Paul, Minnesota. Auf dem Foto trägt Krüger ein T-Shirt der polnischen RechtsRockband „Obłęd“ (deutsch: Wahnsinn). Polnische Neonazis aus dem Umfeld der „Bruderschaft 25“ waren für die Absicherung der Veranstaltung zuständig. Krüger hat also Kontakt zu gut organisierten Personen aus dem europäischen „Blood & Honour-Netzwek“.

Stars der RechtsRockszene zum Anfassen. Ed Woolbank mit seinen Fans Benjamin Krüger und Michael Hein

Zwischen dem 15. und 17. Juli 2016 war Krüger auf dem Festival „Orle Gniazdo IV“ (deutsch: Adlerhorst). Das Musikfestival ist ein Stelldichein der polnischen Nationalist*innenszene, auf dem einschlägig bekannte RechtsRockbands spielen. Wehrsport- und Schießübungen stehen dort auf der Tagesordnung, und alles was das extrem rechte Herz sonst noch begehrt. Auf einem Foto sieht man Benjamin Krüger während der Veranstaltung: Krüger trägt einen Pullover der bei Neonazis beliebten Marke „Thor Steinar“5 und posiert gemeinsam mit David Pfeiffer und Michael Hein, sowie mit Pfeiffers Sohn Jacob Hagen.

Jacob Hagen beteiligte sich am 21. März 2015 an einem gewalttätigem Übergriff auf fünf syrische Geflüchtete und wurde unlängst deswegen verurteilt.6 Krüger selbst musste im besagten Prozess aussagen, täuschte Gedächtnislücken vor und behauptete, die Angeklagten kaum zu kennen. Weil das Foto jedoch eine andere Sprache spricht, ist vielmehr davon auszugehen, dass er seine Gesinnungsgenossen nicht belasten wollte und deshalb schwieg.

Gedächtnislücken? Jacob Hagen (2.v.r.) und Benjamin Krüger feiern zusammen auf dem Orle Gniazdo IV

Krüger war mindestens auf einem weiterem RechtsRock-Konzert und auch hier ist davon auszugehen, dass seine Verstrickungen in die extrem rechte Terror-Musik-Szene weitreichender sind als bisher bekannt.

Mitgliedschaft bei „Family‘s Black Sheep“

Abseits der „Bruderschaft 25“ ist Krüger zudem Teil der Gruppierung „Family‘s Black Sheep“. Diese Vereinigung gibt sich nach außen hin als „unpolitisch“, hat allerdings keinerlei Berührungsängste mit Personen, die der extremen Rechten zuzuordnen sind. Ihr Auftritt erinnert an die Rocker- oder Bikerszene, wenngleich sie betonen, dass sie kein „Motorcycle Club“ sind. Dies lässt sich wohl dadurch erklären, dass sie keine Rivalität zu den bestehenden Clubs aufkommen lassen wollen.

Als reine Männergruppe huldigt „Family‘s Black Sheep“ einem Männerbild von „harten Kerlen“ und „Saufbrüdern“. Auch ihr Wahlspruch „Ein Mann ein Wort“ spricht diese Sprache. Chauvinismus ist fest verankert und Teil eines rechten Weltbildes.

Ein weiteres Versatzstück rechter Ideologien ist der positive Bezug auf ein vermeintliches germanisches bzw. nordisches Erbe. Die Mitglieder der Gruppe greifen insbesondere die kriegerische Stärke und Trinkfestigkeit auf, die diesen Kulturen zugeschrieben wird. Der schon erwähnte Wahlspruch in ihrem Logo ist in der germanischen Runenschrift Futhark verfasst.

An den Tod eines Freundes erinnert die Organisation mit der sogenannte „Todesrune“. Sie ist sowohl als Patch (Aufnäher) auf ihren Kutten, als auch als Banner auf ihrer Facebookpräsenz zu finden. Die „Todesrune“ geht auf den esoterischen, völkischen, rassistischen und antisemitischen Autoren Guido von List zurück und ist Teil des von ihm Anfang des 20. Jahrhunderts frei erfundenen Armanen-Futhark. Im Nationalsozialismus wurde sie anstelle des christlichen Kreuzes bei der Angabe von Todesdaten verwendet. Noch heute sind die „Todesrune“ und ihr Pendant der „Lebensrune“ in der extremen Rechten beliebte Symbole. Auf gemeinsamen Fahrten (bspw. nach Dublin und in das „germanische Langhaus“ Krügersdorf) sucht die „Family’s Black Sheep“ entsprechende Orte und Ausstellungen auf7. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, wie identitätsstiftend ein vermeintliches, nordisch-germanisches Erbe für die Gruppe ist. Die Beschäftigung mit der germanischen Kultur und mit Runen ist natürlich nicht per se verwerflich bzw. neonazistisch motiviert, aber an dieser Stelle sehr wohl im Lichte einer völkischen Gesinnung zu betrachten. Insbesondere die Verwendung der „Todesrune“ zeigt, dass die Gruppe die Nähe zum Nationalsozialismus sucht.

Der Freund, dem in pseudo-germanischer Tradition gehuldigt wird und dessen Tod als Gründungsmythos der Gruppe herhalten muss, ist Christian Steinicke. Steinicke wurde mehrmals verurteilt, u. a. wegen Beleidigung, Sachbeschädigung, gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Trauriger Höhepunkt seiner neonazistischen Karriere war die Beteiligung an einem Übergriff auf einen Geflüchteten im Jahr 2004, in dessen Folge der Betroffene zehn Tage im Krankenhaus wegen schwerer Kopfverletzungen behandelt werden musste.8 Benjamin Krüger nimmt sich somit einen gewalttätigen Neonazi zum Vorbild.

Und so verwundert es auch nicht, dass auf einer Feier der „Family‘s Black Sheep“ auch Mitglieder der extrem rechten Band „Mogon“9 und der umtriebige Neonazi Michael Hein der „Bruderschaft 25“ zugegen sind. Dass sich an dem T-Shirt mit einem „Blood & Honour“-Schriftzug niemand zu stören scheint, ist dann nur folgerichtig.

Rassistische Mobilisierung – Benjamin Krüger ist mit dabei

In der Bundesrepublik hat die rassistische Mobilisierung von Bürger*innen noch immer Konjunktur. Die rechtspopulistische AfD ist unvermindert stark und rechte Übergriffe an der Tagesordnung10. Frankfurt (Oder) steht dieser Entwicklung in nichts nach. Auch Benjamin Krüger ließ sich von der rassistischen Stimmung begeistern und nahm am 17. Januar 2015 an einer asylfeindlichen Demonstration in der Oderstadt teil.

Zentraler Ausgangspunkt für die rassistischen Mobilisierungen war ab 2015 die Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“11. Durch das Neonaziehepaar Peer und Franziska Koss12 initiiert, wurde auf der nach dem Vorbild der NPD-Brandenburg gesteuerten „Nein-zum-Heim“-Seiten13 zu bisher sieben Versammlungen14 aufgerufen. Während sich am ersten Aufmarsch am 17. Januar 2015 noch etwa 250 Menschen beteiligten, nahmen beim vorerst letzten Aufmarsch im September 2016 nur noch knapp 90 Personen teil.

Anfangs waren die Versammlungen durch eine hohe Beteiligung Frankfurter Neonazis und Rassist*innen gekennzeichnet. Trotz der Beteiligung regionaler NPD-Kräfte wie Manuela Kokott und Frank Odoy versuchten die Verantwortlichen mit Slogans wie „Freundliches Frankfurt gegen Asylwahn“ anschlussfähig zu bleiben. Jedoch erlebte die Ausrichtung des rassistischen Protestes in Frankfurt (Oder) in der Folge einen erstaunlichen Wandel.

Durch einen Schulterschluss mit polnischen Ultranationalist*innen aus der Nachbarstadt Słubice wurde die NPD verschreckt. Die vor Widersprüchen strotzende Kooperation währte allerdings nicht lange. Sie wurde zwar nicht aufgekündigt, hatte aber minimale Mobilisierungserfolge.15

Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Aufmärsche von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ immer mehr zu Veranstaltungen, die von der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“16dominiert wurden. Durch diese Entwicklung legte die rassistische Mobilisierung ihren bürgerlichen Deckmantel letztendlich völlig ab.

Benjamin Krüger (grüne Jacke) neben Mick Milling (schwarze Jacke) auf einer rassistischen Demonstration am 17. Januar 2015 in Frankfurt (Oder)

Der Weg in eine extrem rechte Lebenswelt

Man fragt sich, auf welchen Wegen der ehemalige Schüler der Frankfurter Sportschule und Gewichtheber beim Athletik-Sport-Klub (ASK)17 Benjamin Krüger in die extreme Rechte gelangt ist. Wann hat „Benny“ seine erste RechtsRockplatte gehört? Von wem hat er sie bekommen? Wie ist der Kontakt zur „Bruderschaft 25“ oder den „Family‘s Black Sheep“ entstanden? Wie kam es dazu, dass in Benjamins Weltbild Menschen nun unterschiedlich viel wert sind? Wir können diese Fragen nicht beantworten, aber wir können aufzeigen, mit welchen Überzeugungen, Vernetzungen und Organisationsstrukturen dieses Weltbild verbunden ist. Die Akteure zu kennen ist unabdingbar, wenn wir ihre Überzeugungen bekämpfen wollen.

1„RechtsRock“ ist ein Überbegriff für extrem Rechte Musik. Er zeichnet sich nicht durch einen bestimmten Musikstil aus, sondern das gemeinsame Weltbild ist das verbindende Element. Vgl. allgemein zu diesem Thema Christian Dornbusch, Jan Raabe (Hg.): „RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategien Hamburg/Münster, Unrast Verlag, 2002.

2Zur RechtsRockszene und insbesondere zum Ablauf von RechtsRockkonzerten vgl. Thomas Kuban: „Blut muss fließen. Undercover unter Nazis“, Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2012 .

3Die RechtsRockband „Legion Twierdzy Wrocław“ (deutsch: „Legion Festung Breslau“) oder kurz „LTW“ kommt aus Wrocław. Die „Bruderschaft 25“ hat besonders gute Kontakte zu den dortigen „Blood an Honour“-Strukturen.

4Vgl. „Kto się bawił na nazi-koncercie w wiejskiej dyskotece pod Opolem?“, 26.06.2015, https://stopnacjonalizmowi.wordpress.com/2015/06/24/kto-sie-bawil-na-nazi-koncercie-w-wiejskiej-dyskotece-pod-opolem/ .

5Allgemein zur neonazistischen Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ vgl. Recherchegruppe „Investigate Thor Steinar“:„Investigate Thor Steinar – Die kritische Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Marke (zweite erweiterte Auflage)“, 2008 und http://investigatethorsteinar.blogsport.de/ und „Thor Steinar“, http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/thor-steinar .

7Vgl. http://www.familysblacksheep.de/Bildergalerie dort den Beitrag „Langhaus Krügersdorf ’14 (Brb)“

und http://www.familysblacksheep.de/Neuigkeiten dort den Beitrag vom vom 28.10.2015.

9Es handelt sich bei „Mogon“ um eine Rechtrockband aus Beeskow, die sich dem Genre des Black Metal verschrieben hat. In Beeskow gibt es gleich mehre Rechtsrockbands in sich teilweise überschneidender personellen Zusammensetzung. Beeskow ist damit einer der Orte mit den umfangreichsten Rechtsrockstrukturen in Brandenburg. Ein Ankerpunkt der Szene vor Ort ist die neonazistische „Kameradschaft Kommando Werwolf“.

10Zur Illustration: Die gemeinsame Chronik der Amadeu Antonio Stiftung und PRO ASYL dokumentiert für das Jahr 2016 1963 Angriffe auf Asylsuchende und ihre Unterkünfte in Deutschland, https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/service/chronik-vorfaelle .

11Vgl. hier und im Folgenden „Frankfurt/Oder wehrt sich“, https://www.facebook.com/FrankfurtOder-wehrt-sich-693079740809110 .

12Zu den Personen Peer und Franziska Koss vgl. beispielsweise antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen‘ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, in: „recherche output #7“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unserrueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/ .

13Diese Seiten täuschen eine bürgerliche Mitte vor, aus der sie agieren, sind aber von der NPD gesteuert. So treten z.B. NPD – Mitglieder als „besorgte Mütter“ auf und hetzen unter anderem Deckmantel, wie z.B. Maria Fank in Hellersdorf. Schwerpunkt der „Nein zum Heim“ – Kampagnen ist der vermeintliche „Asylmissbrauch“.

14Vgl. beispielhaft zu den Aufmärschen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“: antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der Aufstand der Ekelhaften“, 06.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/02/06/der-aufstand-der-ekelhaften/ , antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): ‘„Frankfurt (Oder) wehrt sich’ mit dem ‘III. Weg’“, 21.05.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/05/21/frankfurt-oder-wehrt-sich-mit-dem-iii-weg/, antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Frankfurt/Oder wehrt sich’ IV. Akt – inhaltsleerer und aggressiver“, 13.08.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/08/13/frankfurtoder-wehrt-sich-iv-akt-inhaltsleerer-und-aggressiver/ und antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Alte Feindschaften, neue Allianzen und schärfere Töne – Zu den aktuellsten Entwicklungen der rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder)“, 04.03.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/04/1271/ .

15Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Alte Feindschaften, neue Allianzen und schärfere Töne – Zu den aktuellsten Entwicklungen der rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder)“, 04.03.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/04/1271/, antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „7. Mai: Zwischen Berlin und Slubice“, 23.05.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/05/23/7-mai-zwischen-berlin-und-slubice/ und antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Erneuter Schulterschluss polnischer und deutscher Rassist*Innen am 03. September?“, 29.08.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/08/29/erneuter-schulterschluss-polnischer-und-deutscher-rassistinnen-am-03-september/ .

16Allgemein zum „III. Weg“ vgl. Johannes Hartl: „Stützpunkt Ost“, jungle world, 26.03.2015, http://jungle-world.com/artikel/2015/13/51689.html und Johannes Hartl/Inforiot.de/Haskala.de/AIB: „’Der III. Weg“ – Ein Produkt der Krise des ‚Nationalen Widerstandes‘?“, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.16-19. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eder-iii-weg%E2%80%9C .

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Jannik Brämer – Identitärer an der Viadrina

In diesem Artikel wollen wir uns mit Jannik Brämer, Student an der Europa-Universität Viadrina, der als Kopf der Identitären Bewegung Berlin-Brandenburg (IBBB) gilt, beschäftigen. Durch ein Porträt von ihm und seinen Aktivitäten wollen wir einen Eindruck von der erstarkenden „Neuen Rechte“ geben, zu deren Vertreter*innen er gehört.

Brämer studiert mindestens seit dem Wintersemester 2016/2017 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) im Studiengang Rechtswissenschaften. Neben seinem Studium betätigte er sich als Schatzmeister der „Jungen Alternative“ (JA), der Jugendorganisation der AfD. In diesem Zusammenhang ist er im November 2016 in den Vorstand des Landesverbands Berlin als Schatzmeister gewählt worden.[1] Darüber hinaus trat er erfolglos bei der Bezirksverordnetenversammlungswahl 2016 in Berlin für die AfD für ein Mandat in der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf an.[2]

Brämer (links) zusammen mit JA-Berlin Landesvorstand Thorsten Weiß (mitte) und weiteren Landesvorstandsmitgliedern. Quelle: antifa-berlin.info

Neben seiner Tätigkeit für die rechtskonservative AfD ist er in einer weiteren Gruppierung aktiv, die im Habitus und Auftreten der „Jungen Alternative“ nicht so fremd ist und auch zu anderen (rechten) Gruppen Parallelen aufweist: Die „Identitären Bewegung“ (IB). Obwohl es offiziell eine Unvereinbarkeitserklärung zwischen der AfD bzw. ihrer Jugendorganisation mit der IB gibt und immer wieder entsprechende Statements von der Parteiführung veröffentlicht werden,[3] zeigt der Fall Jannik Brämer, dass diese lediglich Lippenbekenntnisse sind.

Jannik Brämer als Ordner auf der Demonstration der „Identitären Bewegung“ am 17. Juni 2016 in Berlin. Quelle: Theo Schneider

Das Auftreten der IB passt zum Konzept der sogenannten „Neuen Rechten“, die sich betont intellektuell gibt und versucht, Nationalismus und Rassismus salonfähig zu machen. Die IB zieht mit ihren aktionsorientierten Auftreten vor allem jüngere Anhänger*innen an[4]

Entstanden ist die europaweit agierende IB in Frankreich unter dem Namen „Le Bloc identitaire – Le mouvement social européen“.[5] Als Vorgänger des „Bloc identitaire“ gilt „Unité radicale“[6] (UR). Diese ist seit 2002 aufgrund eines Mordversuchs auf den damals amtierenden Präsidenten Jacques Chirac verboten.[7] Die Ideologie des „Bloc Identitaire“ steht für ein ethnopluralistisches Europa,[8] welches sie kulturalistisch begründen. Die Idee eines „Europa der Vaterländer“[9] und einer „europäischen Kultur“, die gegen ein vermeintlich bedrohliches Außen verteidigt werden muss, sind die Kernstücke der Ideologie. Sie streben eine sogenannte „Rückgewinnung“ nationaler Identitäten in Europa an.

Die IB in Berlin-Brandenburg

In Deutschland tauchte die IB zum ersten Mal im Jahr 2012 via Facebook auf. Innerhalb kurzer Zeit konnten sie den Rahmen des Internets als Aktionsraum verlassen und ist insbesondere seit 2015/2016 mit medienaufmerksamen Aktionen in die Schlagzeilen gekommen. Als die vier Säulen ihrer politischen Arbeit bezeichnen sie „Metapolitik“[10], d.h. für die IB jene politische Arbeit, die „meinungsbildend im öffentlichen Raum“[11] wirkt, und verstehen sich selbst als „demokratischer Akteur“. Die weiteren drei Säulen sind „Aktivismus – Gemeinschaft – Ausbildung“[12]. Ganz neu ist das Konzept der IB in Deutschland jedoch nicht. Bereits 2007 initiierte Götz Kubitschek, einer der Vordenker der „Neuen Rechten“ die „Konservativ-Subversive Aktion“ (KSA), welche ebenfalls durch spektakuläre Aktionen aufgefallen war.[13] Inspiriert hatte sich Kubitschek bei linken Bewegungen.[14]

Als einer der aktivsten Gruppen der IB Deutschland gilt der Ableger in Berlin-Brandenburg.[15] Öffentlich vertreten wird sie durch den 25-jährigen Robert Timm, der an der TU Cottbus Architektur studiert. Neben ihm ist Jannik Brämer Kopf der Regionalgruppe. Er war an mehreren öffentlichkeitswirksamen Aktionen der „Identitären Bewegung Berlin-Brandenburg“ (IBBB) beteiligt In der Bundesorganisation der IB Deutschland war er zuletzt auch für deren Homepage verantwortlich.

Die IBBB trat das erste Mal in der Öffentlichkeit mit dem „Besuch“ einer Sitzung der Bezirksverodnetenversammlung im März 2013 in Berlin-Reinickendorf auf. Hier störten sie den Diskurs über ein im Bezirk neu zu entstehende Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende.[16] 2015 kletterten sie auf den Balkon des Willy-Brandt-Haus und hängten ein Transparent mit der Aufschrift „Stoppt den großen Austausch!“; an dieser Aktion war Jannik Brämer bereits beteiligt.[17] Die Kampagne „Stoppt den Großen Austausch“ ist eine Idee der österreichischen Identitären, die 2015 von den deutsche Identitären übernommen wurde.[18] „Der große Austausch“ beschreibt die Vorstellung, dass sog. Völker gegen neue ausgetauscht würden. Dies sei, so die Vertreter*innen der Idee, ein Plan der jeweiligen Regierungen, um unliebsame Bevölkerungsteile los zu werden.

2016 wurde von der IB der „Sommer des Widerstands“[19] ausgerufen, der eine Reihe Aktionen folgen ließ, bei der wenig Personen einen große Öffentlichkeit erreichen. Das Mobile Beratungsteam Berlin resümiert die Aktionsform der Identitären wie folgt: „Eine überschaubare Zahl von Identitären taucht überraschend auf und verschwindet in der Regel ebenso schnell wieder. Sie wählen dafür symbolisch aufgeladene Orte, an denen kein nennenswerter Widerstand zu erwarten ist. Ihre Aktionen bedienen eine popkulturelle Ästhetik und werden mit professionellen Videobeiträgen in den sozialen Netzwerken auf- und nachbereitet“[20]. Als Teil des „Sommer des Widerstands“ rief die Identitäre Bewegung auf ihrer Facebookseite für Spenden auf, so dass sich die Gruppe Leitern zum Besteigen von Gebäuden leisten kann.[21] Die Aktionen nehmen meistens in Kauf, dass die Aktivist*innen juristische Konsequenzen tragen müssen, zumal die IB ihre eigenen Aktionen, wie die sogenannten Besetzungen öffentlicher Gebäude, oft selbst filmt und dokumentiert.

Jannik Brämer war bei einer solchen Aktion, der sogenannten Besetzung der CDU-Zentrale am 21. Dezember letzten Jahres in Berlin beteiligt. Die Identitären wollten mit der Blockade der CDU-Zentrale das Gespräch mit einem Verantwortlichen der CDU erzwingen.
Außerdem war Brämer an einer Aktion gegen einen RBB-Stand beteiligt[22], die ebenfalls als Teil der Kampagne „Stoppt den großen Austausch“ war. Hier störten eine Handvoll Identitäre einen RBB-Stand, welchen sie als Teil der sogenannten Lügenpresse zu identifizieren glauben.

Brämer war auch Teilnehmer mehrerer Bärgida-Demonstrationen.[23] Er ist auf Demonstrationen stets in verantwortlicher Position aktiv, wie als Ordner und Megaphonsprecher. Bei dem gescheitertem Versuch der Besetzung des Bundesjustizministerium durch die IB am 19.05.2017 in Berlin fuhr er einen Transporter und war somit in die logistische Vorbereitung der Aktion eingebunden. Während die Polizei dies verhinderte, floh Brämer in einem Auto und überfuhr beinahe einen Zivilpolizisten.[24] Der daraufhin per Haftbefehl gesuchte Brämer wurde im Anschluss seine Mitgliedschaft in der AfD und deren Jugendorganisation „Junge Alternative“ entzogen.[25] Laut eigenen Aussagen vom 30. August 2017 läuft das Ausschlussverfahren noch. Brämer, der sich auf seiner Seite als Opfer einer Hexenjagd inszeniert, hat Berufung gegen das Ausschlussverfahren eingereicht.[26] Auf seiner Facebookseite mit dem passenden Titelbild „Akte Brämer“ finden sich etliche Beiträge, in denen er beispielsweise die Berichterstattung über seine Flucht mit der über den Anschlag von Anis Amri auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz vergleicht.[27]

Zwischen AfD, IB und Burschenschaft

An Jannik Brämer wird exemplarisch deutlich, wie sehr Identitäre und AfD, trotz offizieller Dementierungen, miteinander verbunden sind. Engagiert sowohl bei der AfD sowie bei der extrem rechten IBBB gilt er als Bindeglied zwischen beiden in Berlin. Er war zugleich für beide Gruppen aktiv und schaffte es, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Einerseits als aktionsorientierter Identitärer, im sportlichen schwarzen Outfit, andererseits als Anzugträger auf AfD-Veranstaltungen. Jannik Brämer schafft es als Allrounder in den besonders aktiven rechten Bewegungen der rechtspopulistischen AfD und den Identitären in hohen Position Politik zu betreiben. Nebenbei bemerkt: Es existiert in Berlin auch eine inhaltlich-organisatorische Überschneidung: Die „Bibliothek des Konservatismus“[28] in Charlottenburg, die ein wichtiger Think Tank für beide Gruppierungen ist. Sie soll eine „kaum existente[n] Rechtsaußen-Intelligenz“[29] fördern, so Dieter Stein, Redakteur der neurechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“.

Auch wenn Brämer nach der gescheiterten Aktion am Bundesjustizministerium kein Schatzmeister mehr ist[30], sind seine Kontakte trotzdem noch vorhanden und er wird sie für seine weitere politische Arbeit nutzen.

Über seine Aktivitäten bei den beiden Organisationen hinaus ist Brämer Mitglied der pflichtschlagenden Burschenschaft „Berliner Burschenschaft Gothia“[31], die im rechtskonservativen Milieu anzusiedeln ist.[32]

Selbstporträt Brämers mit Schärpe der Burschenschaft Gothia Berlin.

Quelle: pictagram-account von J.Brämer

Patriotische Geschäfte

Sein Know How aus dem Studium der Rechtswissenschaften scheint der Identitäre Brämer in dem jüngst gegründeten rechten Mode-Label „Cuneus Culture“, mit dem Sitz in der Helmholzstraße 40 in Berlin-Charlottenburg, anzuwenden. „Cuneus“ ist eine erfolgreiche Militärfomation aus dem spätrömischen Reich. Sicher kein Zufall, dass das Label nach dieser Formation, die insbesondere unter Germanen beliebt gewesen ist, benannt ist. Seit 2016 stehen Sticker und Oberbekleidung unter dem Label „patriotisch – stilvoll“ im Angebot. Jüngst tauchten auch in der Nähe der Viadrina Sticker seines Labels auf, einem Post auf seiner Facebookseite ist zu entnehmen, dass er diese selbst verklebt hat.[33]

Brämers Inszenierung in den sozialen Medien strotzt von Narzissmus und der Annahme, dass sich die gesamte Bundesrepublik mit ihm beschäftigt. Neben etlichen Interviews, Fotos und Berichten möchte er der „Lügenpresse“ seine Wahrheit entgegenhalten. In diesem Zusammenhang veröffentlicht er auch Briefe der Staatsanwaltschaft oder andere Details aus dem Verfahren. Diese Inszenierung ist deckungsgleich mit der Selbstdarstellung der IB im allgemeinen, die auf eine Stilisierung als Opfer in einer holzschnittartigen Analyse der Gesellschaft in Gut und Böse zielt. Umso mehr ist es alarmierend, dass Brämer einen rechtswissenschaftlichen Abschluss anstrebt. Derzeit besucht er an der Europa-Universität Viadrina im dritten Semester Vorlesungen der juristischen Fakultät, u.a. erneut den Kurs „Zivilrecht I“, den er bereits im 1. Semester besuchte.

Brämer zusammen mit Geschäftspartner Karsten Vielhaber. Quelle: picbear-account von J.Brämer

Über Aktivitäten Brämers und der Identitären Bewegung in Frankfurt(Oder) ist bisher nichts bekannt. Wer etwas über die Aktivitäten Brämers als Student an der Viadrina-Universität weiß, kann sich vertraulich an die recherchegruppe wenden.

Weitere Infos zur „Identitären Bewegung“ können dem Antifaschistischen Infoblatt[34] und der Gruppe „vonnnichtsgewusst“[35] entnommen werden.

[1] Vgl. http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-01/junge-alternative-afd-identitaere-bewegung-zusammenarbeit (zuletzt eingesehen am 18.11.2017)

[2] Vgl. https://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/09/afd-berlin-auf-distanz-zu-identitaerer-bewegung.html (zuletzt eingesehen am 18.03.2017)

[3] Vgl. AIB: „Konspirative Schnittstellen“? Identitäre und die AfD. In: AiB 117/2017, Berlin 2017. S. 36f.

[4] Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/category/lexikon/neue-rechte (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[5] Vgl. Gudrun Hentges / Gürcan Kökgiran / Kristina Nottbohm: Die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD)

– Bewegung oder virtuelles Phänomen?; https://www.researchgate.net/publication/309667931_Die_Identitare_Bewegung_Deutschland_IBD_-_Bewegung_oder_virtuelles_Phanomen

[6] Vgl. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/demonstration-der-identitaeren-bewegung-in-oesterreich-14298595.html (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[7] Vgl. http://www.france-politique.fr/unite-radicale.htm (zuletzt eingesehen am 08.11.2017)

[8] Vgl. https://berlingegenrechts.de/2017/01/19/hintegrundinformation-identitaere-bewegung-berlin/ (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[9] Vgl. https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/176853/europa-der-vaterlaender (zuletzt eingesehen am 01.11.2017)

[10] Vgl. https://www.identitaere-bewegung.de/ (zuletzt eingesehen am 11.10.2017); der Begriff wurde innerhalb der Neuen Rechten vor allem von dem Theoretiker Alain de Benoist geprägt.

[11] Vgl. https://www.identitaere-bewegung.de/metapolitik/ (zuletzt eingesehen am 09.11.2017)

[12] Vgl. https://www.identitaere-bewegung.de/ (zuletzt eingesehen am 09.11.2017)

[13] Vgl. Helmut Kellershohn: Widerstand und Provokation. Strategische Optionen im Umkreis des „Instituts für Staatspolitik“. In: Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, S. 261.

[14] Vgl. Gideon Botsch: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland. 1949 bis heute (= Geschichte kompakt). WBG, Darmstadt 2012, S. 135.

[15] Aktivitäten der IBBB, Vgl.: https://nationalismusistkeinealternative.net/17-juni-identitaere-in-berlin/

[16] Vgl. https://www.taz.de/!5310651/ (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[17] Jannik Brämer verliest einen Text, https://www.antifa-berlin.info/sites/default/files/bilder/artikel/190369.png, In: Fight Back: AfD und die Identitäre Bewegung, https://www.antifa-berlin.info/node/1236, 15. September 2016 (zuletzt eingesehen am 11.10.2017)

[18] Vgl. http://identitas-gemeinschaft.info/?p=1798 (zuletzt eingesehen am 14.11.2017)

[19] Vgl. https://www.taz.de/!5310651/ (zuletzt eingesehen am 10.11.2017)

[20] Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/identit%C3%A4re-besetzen-brandenburger-tor-11187 (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[21] Vgl. https://de-de.facebook.com/identitaere/posts/1322141744470548:0 (zuletzt eingesehen am 10.11.2017)

[22] Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=XLcIsghAE-M (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[23] Vgl. https://berlingegenrechts.de/2017/01/19/hintegrundinformation-identitaere-bewegung-berlin/ (zuletzt eingesehen am 08.11.2017)

[24] Vgl. https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/06/berlin-politik-afd-will-ex-schatzmeister-der-ja-ausschliessen.html

[25] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1062254.jannik-braemer-aus-afd-ausgeschlossen.html

[26] Vgl. Beitrag vom 30. August 2017 auf https://www.facebook.com/BraemerIdentity/

[27] Vgl. Fußnote 26; oder https://www.youtube.com/watch?v=VigQI3zJAD8

[28] Vgl. http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2013/10/22/lange-nacht-der-neuen-rechten_14230 (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[29] Vgl. https://www.antifainfoblatt.de/tags/bibliothek-des-konservatismus (zuletzt eingesehen am 11.11.2017)

[30] Vgl.: https://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2017/05/haftbefehl-afd-berlin-schatzmeister-parteijugend-jannik-braemer.html (zuletzt eingesehen am 29.05.2017)

[31] Vgl. http://ink361.com/app/users/ig-5426170566/jannikbraemer/photos/1620266509397288788_5426170566; er lädt zu einer Party der Burschenschaft Gothia ein vgl. hierzu http://ink361.com/app/users/ig-5426170566/jannikbraemer/photos/1647961280622198963_5426170566

[32] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Burschenschaft_Gothia

[33] Vgl.https://www.cuneus-culture.de/kontakt/; Vgl. Beitrag vom 17.10.2017 „Wir haben einen neuen Aufkleber produziert =) ,Dein Land braucht Dich“! https://www.facebook.com/BraemerIdentity/

[34] https://www.antifainfoblatt.de/search/node/Identit%C3%A4re%20Bewegung

[35] http://vonnichtsgewusst.blogsport.eu/category/identitaere/

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Pappenklau in „Mitteldeutschland“

Hiermit geben wir einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Tendenzen des Frankfurter Stadtverbands der AfD. Trotz des hohen Wahlergebnisses konnte Alexander Gauland den Einzug als Direktkandidat in den Bundestag nicht verwirklichen. Auf kommunalpolitischer Ebene glänzte die Fraktion durch Unfähigkeit, konnte aber vereinzelt auch auf die Nähe & Unterstützung der lokalen SPD, FDP und CDU Verbände bauen. Wilko Möller sorgte mal wieder für einen Skandal und muss um seine Stelle als Bundespolizisten fürchten. Auch sonst übte sich der Frankfurter Stadtverband in seiner Außendarstellung in gewohntem Geschichtsrevisionismus.

Gegenwind für Gauland

Bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag erhielt die Partei im Wahlkreis Frankfurt Oder/Oder-Spree 21,9 Prozent der Erststimmen und 22,1 Prozent der Zweitstimmen. Alexander Gauland, seines Zeichens Fraktionsvorsitzender des brandenburgischen Landtages und Direktkandidat für den hiesigen Wahlkreis, konnte damit sein Mandat nicht gegen Martin Patzelt (CDU) gewinnen. Er zog stattdessen über die Landesliste in das Bundesparlament ein. Zu einer größeren Veranstaltung in der Stadt lud der AfD-Verband am 11. September in das Bolfrashaus ein; dort sprach u.a. ihr Direktkandidat Gauland.

Anlässlich des Verlusts ihrer Wahlplakate in der Stadt während des Wahlkampfes phantasierte der Frankfurter AfD-Stadtverband von einer „grün-linksterroristischen Vernichtungsorgie“, hinter der sie den Grünen Stadtverband vermuteten. (1) Sie setzte sogar eine Belohnung von 100 Euro für Hinweise aus, die der Aufklärung des Pappenklaus dienen würden. (2)

Anstoß nahm die Partei an der Kampagne „Schöner leben ohne Nazis“, die sich für ein vielfältiges Zusammenleben und gegen die AfD ausspricht. Die Kampagne im Vorfeld der Bundestagswahl wird unterstützt von allen Brandenburger Jugendverbänden der CDU, SPD, FDP, Grünen und LINKEN. Die AfD verhöhnte diese parteiübergreifende Positionierung gegen neofaschistische Positionen. Damit, so die AfD, sei klar, dass ihre Inhalte bereits kaum noch voneinander zu unterscheiden seien, „Einzige Ziele bleiben nur noch die Plünderung des Staates bei fortschreitender Vernichtung des deutschen Volkes und die Unterdrückung jedweden Widerstandes.“ (3)

konsequentes Abstimmungsverhalten

Die AfD brachte sich kürzlich in das Stadtgeschehen mit dem Vorschlag ein, zu Ehren des CDU-Politikers Helmuth Kohl den Platz vor dem Kleist-Forum entsprechend umzubenennen. Die Kommission zur Straßenbenennung hat sich letztlich dagegen ausgesprochen; selbst der AfD-Vertreter Meinhard Gutowski enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme – aufgrund der überzeugenden Argumente der Gegner_innen der Umbenennung (4).

Für die Kreisfreiheit veranstalteten die CDU, FDP und die SPD im August einen Infostand in der Stadt gemeinsam mit Vertreter_innen der AfD. OB Wilke war ebenfalls anwesend. Die beiden Parteien haben offenbar punktuell keine Berührungspunkte mit der rechten Partei. Auch SPD’ler Tilo Winkler, bis vor kurzem noch Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament, nähert sich weiterhin der AfD an. Dass er politisch kein Problem mit ihnen hat, zeigte sich schon mehrmals, indem er ihnen seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellte (Recherchegruppe berichtete, 5). Dazu von der MOZ befragt, äußerte er: „“Das war keine Wahlkampfveranstaltung und die AfD ist auch nicht verboten. Trotzdem bin ich da naiv herangegangen“, sagt Tilo Winkler selbst. Noch einmal passiere ihm dies nicht.“ (6) Eine glatte Lüge – denn inzwischen tritt er auch öffentlich mit der AfD auf, etwa bei einem gemeinsamen Werksbesuch von BMW in Slubice. (7)

Werben zusammen für den Erhalt der Kreisfreiheit: Wilko Möller – AfD (2.v.l.), Martin Wilke – Oberbürgermeister (3.v.l.), sowie Vertreter der CDU-, SPD-, FDP- und LKBF-Stadtverbände. Quelle: facebook

Revisionismus bleibt zentrales Thema

Im Mai sorgte Fraktionsvorsitzender Wilko Möller für einen kleinen Skandal: Auf seinem Facebook-Account veröffentlichte ein Bild, das ihn als jungen Bundespolizisten mit Helm und Waffe zeigt. Neben dem Bild ist der in neonazistischen Kreisen beliebter Spruch vermerkt: „Klagt nicht, kämpft“. Neben dem Aufschrei von den Vertreter_innen anderer Parteien kam es zu einem Disziplinarverfahren seines Arbeitgebers, der Bundespolizei, gegen Möller. (8)

Ein neues Steckenpferd der AfD ist die „Auseinandersetzung“ um die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Zum Volkstrauertag fanden sich Mitglieder der AfD auch wieder bei der Gedenkveranstaltung auf dem Hauptfriedhof zusammen. Ihnen sei es „Herzenssache“, die deutschen Toten vergangener Kriege zu ehren. In dem entsprechenden Artikel auf der Homepage bedauerten sie die wenigen Möglichkeiten, sie zu ehren. „Besser können die Regierenden ihre Verachtung für das eigene Volk nicht darstellen!“ (9) Am 21.10.2017 fand durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. auf dem Zubettungsfriedhof Lietzen die Beisetzung von 50 deutschen Wehrmachtssoldaten statt. Die AfD nahm ebenfalls daran teil. (10) In einem Facebook-Kommentar hieß es: „Wir als AfD glauben nicht, dass die regulären Soldaten Faschisten waren. Sie sind missbraucht worden.“ (Screenshot) Der AfD-Stadtverband hält es mit den deutschen Wehrmachtssoldaten offenbar ähnlich wie Alexander Gauland, der kürzlich einforderte, auf ihre Leistungen stolz zu sein. (11)


Geschichtsunterricht mit der AfD: alle Wehrmachtssoldaten haben nur in die Luft geschossen. Quelle: facebook

Die Rede des Frankfurter Stadtverordnetenvorstehers Wolfgang Neumann am 9. November auf der Gedenkveranstaltung anlässlich der antisemitischen Pogrome von 1938 missfiel der Partei sehr. Ihrer Meinung nach sollte es allein bei der Ehrung der jüdischen Opfer bleiben; kritische Bezüge zur Gegenwart – zu dem auch der durch die AfD flankierte Anstieg rassistischer und nationalistischer Gedanken und Gewalttaten gehört – sind ihrer Meinung nach dort fehl am Platz. „Wie tief muss der Schock [über die Wahlerfolge der AfD] der etablierten Blockflötenparteien in dieser versifften Alt-68er Gutmenschenrepublik sein, dass sie jeden Anlass zur Bekämpfung freien Gedankengutes schamlos ausnutzen.“ (12)

In einem anderen Artikel zur Wende und dem Ende des Ostblocks wird die DDR als „Mitteldeutschland“ bezeichnet – ein Begriff, der von jenen verwendet wird, die immer noch einen Anspruch auf die Gebiete erheben, die bis 1937 zum Deutschen Reich gehörten. (13)

alte Probleme – neue Akzeptanz

Der Stadtverband der AfD pflegt weiterhin ein typisches rechtspopulistisch-völkisches Profil und ist damit der dominanten Strömung der Bundes-AfD inhaltlich sehr nahe. Wie der Rest der Partei stilisiert sich die Frankfurter AfD gern als Opfer einer vermeintlichen Kampagne gegen sich selbst und gibt sich als Anti-Establishment-Partei. Ihr Feindbilder sind die Linkspartei und die Grünen; deren Politik hält sie in jeder Hinsicht für falsch. Sie hängt einem revisionistischen Opferkult, insbesondere bezogen auf den Zweiten Weltkrieg, an. Revisionismus und Opferinszenierung täuschen nicht über die kommunalpolitische Unfähigkeit des Frankfurter AfD Stadtverbands hinweg. In der kommunalpolitischen Praxis konnte sie bisher weder stadtpolitische Erfolge verzeichnen, noch sich durch inhaltlich überzeugende Beiträge profilieren. Trotzdem nimmt die teilweise Annäherung von CDU, FDP & SPD an die Frankfurter AfD eine gefährliche Entwicklung.

(1) www.afd-ffo.de/pack-schlaegt-sich-und-pack-vertraegt-sich/

(2) http://www.afd-ffo.de/aussetzung-einer-belohnung/

(3) www.afd-ffo.de/pack-schlaegt-sich-und-pack-vertraegt-sich/

(4) http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1619753/

(5) https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2017/03/05/blauer-dunst-in-frankfurter-kneipen-eine-bestandsaufnahme/

(6) http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/1555895/

(7) http://www.afd-ffo.de/afd-besucht-bmw-distributionszentrum-in-slubice/

(8) https://www.berliner-zeitung.de/berlin/brandenburg/wegen-facebook-eintrag-disziplinarverfahren-gegen-afd-politiker-eingeleitet-26945968

(9) http://www.afd-ffo.de/volkstrauertag-2017-afd-gedenkt-gefallener-deutscher-soldaten/

(10) http://www.afd-ffo.de/einbettung-von-50-deutschen-soldaten-des-2-wk-in-lietzen/

(11) http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-09/afd-alexander-gauland-nazi-zeit-neubewertung

(12) http://www.afd-ffo.de/9-november-und-neumanns-missbrauch/

(13) http://www.afd-ffo.de/von-demokratiesimulanten-und-ewiggestrigen/

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