„Frankfurt/Oder wehrt sich“ IV. Akt – inhaltsleerer und aggressiver

Am Samstag, den 25. Juli, veranstaltete die neonazistische Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ den bereits vierten Aufmarsch in der Oderstadt. Insgesamt 80 Neonazis und Rassist*innen versammelten sich diesmal am Karl-Ritter-Platz. Hier soll in diesem Jahr eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete eingerichtet werden. Unweit der rassistischen Kundgebung demonstrierten etwa 250 Antifaschist*innen gegen den Aufmarsch, welche von einem Großaufgebot der Brandenburger Polizei abgeschirmt wurde.[1]

Not­falls mit Gewalt: Auf­ruf auf der Facebook-Seite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ fünf Tage vor der Kundgebung.

Not­falls mit Gewalt: Auf­ruf auf der Facebook-Seite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ fünf Tage vor der Kundgebung.

Ankündigung von Übergriffen

Wurde bei der letzten Demonstration am 25. April wegen möglicher Blockadeversuche die Ankündigung auf ihrer Facebook-Seite noch sehr kurzfristig bekanntgegeben, mobilisierten die Frankfurter Rassist*innen um Peer Koss schon mehrere Wochen vorher zum nördlichen Rand der Innenstadt. Treffpunkt sollte zunächst um 12 Uhr am Frankfurter Hauptbahnhof sein, um dann gemeinsam mit anreisenden Neonazis, vermutlich als spontane Demonstration, durch das Zentrum laufen zu können. Dennoch schien auch diesmal das Risiko von Blockaden durch das lokale antifaschistische Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ zu groß. Obwohl laut eigener Aussage noch Flyer mit dem alten Treffpunkt verteilt wurden, rief man fünf Tage vorher dazu auf, direkt zum Kundgebungsort zu gehen. Auffallend bei diesem Posting war, dass ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, sich das Versammlungsrecht zu erkämpfen und sich notfalls zur Wehr zu setzen.[2] Neben einigen ablehnenden Kommentaren fanden andere die Nachricht begrüßenswert. Der Facebook – Nutzer Christopher Lehnert kündigte an, mit seinen Leuten am Bahnhof einzutreffen und ergänzte mit dem Slogan „Sport frei“. Auch der Nutzer Dean Mason dankte für den Hinweis und kommentierte den unter Hooligans beliebten Spruch. Dabei war die Zielsetzung dieses Ausrufes eindeutig: Die Neonazis wollten sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit Gegendemonstrant*innen suchen. Ganz klar wurde die Aufforderung zur Gewalt hinter Sätzen, wie „zur Wehr setzen“ verklausuliert. Bestärkt wurde dies durch ein Posting am 22. Juli, in dem der § 32 des Strafgesetzbuchs wiedergegeben, um mögliche Übergriffe als Notwehrhandlungen darzustellen.[3]

Kurz nach dem Auf­marsch bedroh­ten die Neo­na­zis auf Face­book eine*n Antifaschist*in sowie Pres­se­ver­tre­ter. Der Ein­trag ver­schwand wenig spä­ter wie­der von der Seite.

Kurz nach dem Auf­marsch bedroh­ten die Neo­na­zis auf Face­book eine*n Antifaschist*in sowie Pres­se­ver­tre­ter. Der Ein­trag ver­schwand wenig spä­ter wie­der von der Seite.

Immer wieder die selben!

Zu bekannt gewordenen Übergriffen im Vorfeld der Kundgebung kam es nicht. Auch der Treffpunkt am Hauptbahnhof wurde nahezu nicht genutzt. Nur einzelne Neonazis, die mit der Bahn angereist waren, fanden sich auf dem Bahnhofsvorplatz ein, um dann wenig später von PKWs abgeholt zu werden. Der Gubener Alexander Bode (NPD) diente dafür als Kontaktperson und wies den wenigen ankommenden Teilnehmer*innen den Weg.

„Ich bin Herr B(rusak)“. Selbst­dar­stel­le­risch prä­sen­tierte sich Björn Brusak auf der Neonazi-Kundgebung. Inzwi­schen gehört der auch als Lie­der­ma­cher bekannte Neo­nazi zu den regel­mä­ßi­gen Red­nern in Frank­furt (Oder). (Photo: Pres­se­ser­vice Rathenow)

„Ich bin Herr B(rusak)“. Selbst­dar­stel­le­risch prä­sen­tierte sich Björn Brusak auf der Neonazi-Kundgebung. Inzwi­schen gehört der auch als Lie­der­ma­cher bekannte Neo­nazi zu den regel­mä­ßi­gen Red­nern in Frank­furt (Oder). (Photo: Pres­se­ser­vice Rathenow)

Am Kundgebungsort bot sich ein Bild, welches sich bei allen Veranstaltungen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ seit Januar zu wiederholen scheint. Neben Deutschlandfahnen und Transparenten, die von inhaltsleeren „Wir sagen Nein!“ bis hin zum zynischen „Freundlichen Frankfurt gegen Asylantenheime und Asylwahn“ die übliche Außendarstellung bot, gaben sich die Redner Björn Brusak (Europäische Aktion), Maik Eminger und Pascal Stolle (beide III. Weg) mit den immer gleichen Tiraden ihrem Hass gegenüber Geflüchteten, Antifaschist*innen, der BRD und „dem System“ hin.

Während Björn Brusak von „Verschwörungsfakten“ über das von der US-Ostküste gesteuerte Finanzsystem sprach, das die nicht souveräne Bundesrepublik kontrollieren würde, hetzten die beiden Kader der rechten Splitterpartei „Der III. Weg“ gegen Asylbewerber*innen und sprachen von „artfremden Rassen“, die niemals zu Deutschland gehören könnten. Wie bei den letzten Aufmärschen war die unter dem Parteienprivileg auftretende extrem rechte Gruppierung im Hintergrund in die Organisation des Tages eingebunden.

Nach nicht einmal einer Stunde beendeten die Neonazis bereits ihre Kundgebung. Die Teilnehmer*innenzahl war auch diesmal recht überschaubar und zeigte die seit Januar ersichtliche Metamorphose von einer rassistischen Demonstration mit 250 Wutbürger*innen[4] hin zu einem Kern aus gefestigten Neonazis mit unter 100 Personen. Konnten beim letzten Aufmarsch am 25. April mit Unterstützung durch NPD und dem „III. Weg“ gerade einmal 55 Rassist*innen mobilisiert werden,[5] gelang es diesmal gerade, die Zahl der Teilnehmer*innen auf 80 zu steigern. Auffallend war am 25.7. das Fehlen von Aktivist*innen der „Kameradschaft Kommando Werwolf“ um den mehrfach verurteilten Sven Lemke – waren diese doch bislang auf allen Aufmärschen anwesend und sogar organisatorisch eingebunden. Die Mehrheit der anwesenden KundgebungsteilnehmerInnen waren dennoch auch Frankfurter*innen. Die hohe Zahl an einheimischen Neonazis mag verwundern, schaffte es die NPD in den vergangenen Jahren kaum mehr als ein Dutzend aus der Stadt zu ihren Versammlungen zu mobilisieren. Ihr fehlt seit Jahren eine lokale Verankerung. Der letzte Versuch scheiterte 2007.[6] Die Nationaldemokrat*innen verzichteten daher komplett ihre Außenwahrnehmung und waren selbst personell kaum vertreten. Vielmehr erhärtet sich der Eindruck, dass die NPD auf dem Rückzug ist. „Der III. Weg“ als radikalere nationalistische Partei ist durch ihre Rhetorik deutlich erfolgreicher.

Für den „III. Weg“ in ganz Bran­den­burg unter­wegs: Peer Koss(rechts) hilft inzwi­schen der rech­ten Split­ter­par­tei um Maik Emin­ger bei ihren Kund­ge­bun­gen auch an ande­ren Orten. Hier am 1. August 2015 in Zos­sen (TF). (Photo: Pres­se­ser­vice Rathenow)

Für den „III. Weg“ in ganz Bran­den­burg unter­wegs: Peer Koss(rechts) hilft inzwi­schen der rech­ten Split­ter­par­tei um Maik Emin­ger bei ihren Kund­ge­bun­gen auch an ande­ren Orten. Hier am 1. August 2015 in Zos­sen (TF). (Photo: Pres­se­ser­vice Rathenow)

„Der III. Weg“ als Akteur im Hintergrund

Die neonazistische Kleinstpartei mit lediglich 200 Mitgliedern bundesweit scheint bei den Frankfurter Veranstaltungen immer mehr als entscheidende Organisation eine Rolle zu spielen. So gehören die beiden wichtigsten Kader des „III. Weg“ in Brandenburg, Maik Eminger und Pascal Stolle, zu den regelmäßigen Rednern auf den Demonstrationen der Frankfurter extremen Rechten. Spätestens seit dem letzten Aufmarsch im April tragen angereiste wie auch einheimische Neonazis immer häufiger Transparente und Fahnen der Partei. Neben dem ehemaligen NPD-Abgeordneten im Bad Belziger Stadtparlament, Pascal Stolle[7], gehören dazu mittlerweile auch andere Aktivist*nnen der NPD, wie etwa vom Kreisverband Oderland. Die Gründe liegen zum einen bei der Selbstdarstellung als sogenannte extrem rechte Elite und zum anderen an der deutlich radikaleren Position zur Flüchtlingspolitik. So bezeichnen sie Brandanschläge auf geplante Unterkünfte für Geflüchtete u.a. als „vorzeitiges Weihnachtsgeschenk“ oder als „legitime Protestform“.[8] Auch in ihrem Parteiprogramm spiegeln sich ihre völkisch-nationalistischen Ideen wider. Unter Punkt 10 fordern sie beispielsweise die Wiederherstellung eines großdeutschen Reiches.[9]

Nur selten tritt der „III. Weg“ öffentlich durch eigene Kundgebungen, wie zuletzt in Zossen und Damsdorf am 1. August, auf.[10] Vielmehr verfolgt diese eine Strategie, die von nahezu allen Landesverbänden angewandt wird. Eher unauffällig agieren sie im Hintergrund bei vermeintlichen Bürger*innenprotesten gegen die Unterbringung von Geflüchteten. Hinter vielen „Nein zum Heim“-Seiten, die auf Facebook auftauchen, steckt zumeist selbst die Partei dahinter. So ist es wenig verwunderlich, dass nach Erscheinen einer neuen Anti-Asylseite mit einheitlichen Layout, oft bald eine ankündigte Kundgebung folgt, bei der dann „III. Weg“-Redner auftreten. Durch Einbindung örtlicher Neonazis wird das Bild einer ablehnenden örtlichen Bevölkerung nach außen getragen. Gleichzeitig binden sie diese in ihre Parteistrukturen ein. So unterstützen Frankfurter Neonazis, wie Peer und Franziska Koss, inzwischen regelmäßig Versammlungen in anderen Regionen, wie kürzlich in Zossen und Damsdorf.

Wei­ter­hin selbst­be­wusst: Trotz der Inge­wahrs­am­nahme kurz nach einem ver­such­ten Angriff pro­vo­zierte Peer Kross unter den Augen der Poli­zei wei­ter­hin Gegendemonstrant*innen (Photo: Pres­se­ser­vice Rathenow)

Wei­ter­hin selbst­be­wusst: Trotz der Inge­wahrs­am­nahme kurz nach einem ver­such­ten Angriff pro­vo­zierte Peer Kross unter den Augen der Poli­zei wei­ter­hin Gegendemonstrant*innen (Photo: Pres­se­ser­vice Rathenow)

Erlebnisfaktor Demonstration

Bei genauerer Beobachtung der Teilnehmenden fällt auf, dass auch viele junge Leute sich den Aufmärschen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ anschließen. Doch auch altbekannte Rechtsradikale, wie Mario Schreiber oder Stefan Heine, beteiligen sich an den Protesten. Dies scheint vor allem an den relativ regelmäßig stattfindenden Demonstrationen zu liegen. Damit haben Frankfurter Neonazis nach langer Zeit wieder regelmäßige Events in der Stadt, bei denen sie ihre menschenverachtende Ideologie auf die Straße tragen können. Das dadurch gestärkte Selbstvertrauen macht die Neonazis nicht nur mehr sichtbarer im Stadtbild, sondern erhöht damit ebenso die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden Gewaltbereitschaft gegenüber Geflüchteten und politisch Missliebigen. Dass dieses Gewaltpotenzial sich nicht nur virtuell bemerkbar macht, zeigen die Angriffe auf die geplante Flüchtlingsunterkunft am Karl-Ritter-Platz,[11] wie auch der Übergriff auf neun syrische Flüchtlinge im März diesen Jahres[12] oder auch drei rechte Übergriffe, welche an einem Wochenende in der Stadt verübt wurden. Hierbei wurde eine Person mit Migrationshintergrund so schwer verletzt, dass sie notärztlich behandelt werden musste.[13] Ebenso zeigte der führende Kopf von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Peer Koss, im Anschluss der Kundgebung, dass er es mit seinen Drohungen ernst meint: Auf dem von der Polizei begleitenden Rückweg versuchte er, Gegendemonstrant*innen anzugreifen. Auf der Facebook-Seite kündigte er wenig später bereits den fünften Aufmarsch in näherer Zukunft an und setzte zugleich seine Attacken gegen Antifaschist*innen fort, indem er mit der Veröffentlichung von Bildern und Adressen von linken Aktivist*innen drohte.[14]

Es ist also festzustellen, dass die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu einer zunehmenden Bedrohung für Geflüchtete und deren Unterstützer*innen wird. Dabei werden sie in ihrer Rhetorik immer aggressiver. Durch die Unterstützung von „Der III. Weg“ professionalisieren sie ihr Auftreten. Vereinzelt kommt es im Gegenzug zur Unterstützung von anderen als Bürgerprotesten getarnten neonazistischen Aufmärschen, hinter denen die neonazistische Partei steckt. Es ist dabei nicht auszuschließen, dass aus der losen Gruppierung in naher Zukunft ein Stadtverband des „III. Wegs“ wird. Denn inzwischen haben sie in der Stadt ihr Gesicht als Bürgerprotest komplett verloren und können nur noch als bekennende Neonazis agieren. Eine derart eskalierende Situation, wie zur Zeit im sächsischen Freital,[15] scheint in Frankfurt (Oder) derzeit unwahrscheinlich zu sein. Dies ist auch ein Verdienst von Antifaschist*innen, die sich mit ihrem Protest sich den Rassist*innen in den Weg stellen. Doch ebenso müssen die Akteure der Frankfurter Neonaziszene benannt werden. Bereits bei früheren Aktionen gelang es durch die Offenlegung der rechten Strukturen, diese zu schwächen und Polizei und Behörden zum Handeln zu zwingen. Das führte mitunter zur Auflösung von Neonazi-Gruppierungen.[16] Dieses Ziel sollte sich auch für „Frankfurt/Oder wehrt sich“ gesetzt werden.

Quellen

[1] Vgl. Presseservice Rathenow: Auseinandersetzungen nach rassistischer Kundgebung,http://www.inforiot.de/frankfurt-oder-auseinandersetzungen-nach-rassistischer-kundgebung/, eingesehen am 05.08.2015.
[2] Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 20.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 20.07.2015. (inzwischen gelöscht)
[3] Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 22.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 23.07.2015. (inzwischen gelöscht)
[4] Vgl. antifaschistische recherchegruppe: Aufstand der Ekelhaften, http://www.inforiot.de/der-aufstand-der-ekelhaften/, eingesehen am 05.08.2015.
[5] Vgl. antifaschistische recherchegruppe: „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ mit dem „III. Weg“, http://www.inforiot.de/der-aufstand-der-ekelhaften/, eingesehen am 05.08.2015.
[6] Vgl. antifaschistische recherchegruppe: NPD bleibt hinter Erwartungen zurück, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2007/10/01/npd-bleibt-hinter-erwartungen-zurueck/, 01.10.2007.
[7] Vgl. Presseservice Rathenow: NPD Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ / Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/, 04.03.2015, eingesehen am 05.08.2015.
[8] Vgl. tagesschau.de: Einschätzung zu „Der III.Weg“. Radikal, gefährlich, geistige Brandstifter, https://www.tagesschau.de/inland/dritter-weg-101.html, 04.08.2015, eingesehen am 05.08.2015.
[9] Vgl. „Der III. Weg“: Zehn-Punkte-Programm, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/63/Zehn_Punkte_Programm.html, eingesehen am 05.08.2015.
[10] Vgl. Presseservice Rathenow: Proteste gegen Kundgebungstour des III. Weges, http://www.inforiot.de/zossendamsdorf-proteste-gegen-kundgebungstour-des-iii-weges/, 01.08.2015, eingesehen am 05.08.2015.
[11] Vgl. Berliner Morgenpost: Tür an Asylbewerberheim beschädigt, http://www.morgenpost.de/berlin/polizeibericht/article142468137/Tuer-an-Asylbewerberheim-beschaedigt.html, 14.06.2015, eingesehen am 05.08.2015.
[12] Vgl. Der Tagesspiegel: Neonazis greifen syrische Flüchtlinge an, http://www.tagesspiegel.de/berlin/attacke-in-frankfurt-oder-neonazis-greifen-syrische-fluechtlinge-an/11546836.html, 24.03.2015, eingesehen am 05.08.2015.
[13] Vgl. Märkische Oderzeitung: Fremdenfeindliche Übergriffe in Frankfurt, http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1412417, 09.08.2015, eingesehen am 09.08.2015.
[14] Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 27.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 27.07.2015. (inzwischen gelöscht)
[15] Vgl. Zeit online: Rassismus als Happening, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg, 25.06.2015, eingesehen am 05.08.2015.
[16] Vgl. antifaschistische recherchegruppe: ANOS am Ende, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/11/05/anos-am-ende/, 05.11.2012.

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„Frankfurt (Oder) wehrt sich“ mit dem „III. Weg“

Zum 25. April mobi­li­sierte die neo­na­zis­ti­sche Facebook-Gruppe „Frank­furt (Oder) wehrt sich“ wie­der zu einem Auf­marsch in Frank­furt (Oder). Unter dem Motto „Gegen die Über­frem­dung unse­res Vol­kes“ woll­ten sie erneut gegen Geflüch­tete het­zen. Damit war dies die dritte Ver­an­stal­tung inner­halb von nur vier Mona­ten. Jedoch anders als bei den bei­den ers­ten Auf­mär­schen im Januar[1] und Februar[2] wurde dies­mal nicht mehr der Ver­such unter­nom­men die Ver­samm­lung als bür­ger­li­chen Pro­test zu tar­nen. Dafür lud man sich Gäste ein­deu­tig rech­ter Grup­pie­run­gen und Par­teien ein.

Zynisch: Die knapp 55 Neo­na­zis lie­fen erneut mit ihrem Trans­pa­rent „Freund­li­ches Frank­furt (Oder) gegen Asy­lan­ten­heime und Asyl­wahn“ durch die Oder­stadt. Am Trans­pa­rent in der Mitte: Fran­ziska Koss (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Zynisch: Die knapp 55 Neo­na­zis lie­fen erneut mit ihrem Trans­pa­rent „Freund­li­ches Frank­furt (Oder) gegen Asy­lan­ten­heime und Asyl­wahn“ durch die Oder­stadt. Am Trans­pa­rent in der Mitte: Fran­ziska Koss (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Kaum Mobi­li­sie­rung, noch weni­ger Teilnehmer*innen

Am 3. April pos­te­ten die Macher*innen von „Frank­furt (Oder) wehrt sich“ ein Bild ihrer Demons­tra­tion vom 17. Januar 2015 mit der Bild­un­ter­schrift: „Am 25.04.2015 ist es wie­der soweit… Frank­furt (Oder) wehrt sich!!!“[3] In den fol­gen­den Tagen wurde die­ser Post immer wie­der in der Time­line der Seite wie­der­holt. Eine offene Ankün­di­gung, wo und wann ein mög­li­cher Auf­marsch star­ten sollte wurde nicht bekannt gege­ben. Auf Nach­fra­gen von User*innen ant­wor­te­ten die Administrator*innen ledig­lich, dass Anga­ben zu Zeit und Ort recht­zei­tig bekannt­ge­ge­ben wer­den. Der User „Kai Uwe“, offen­sicht­lich einer der Organisator*innen, pos­tete am Don­ners­tag vor der geplan­ten Demons­tra­tion kurz und knapp: „An alle,Treffpunkt ist Sta­dion um 12 Uhr!!!“[4]. Dass das Sta­dion als Start­punkt für den ras­sis­ti­schen Auf­marsch gewählt wurde ist nicht ver­wun­der­lich. Bereits im März 2012 ver­such­ten Neo­na­zis aus NPD und „Freien Kräf­ten“ von dort aus in die Frank­fur­ter Innen­stadt zu gelan­gen, was ihnen auf­grund zahl­rei­cher Pro­teste und Blo­cka­den nicht gelang. [5]

Die „Jugend im Sturm“?: Anmel­der Peer Koss mit sei­ner Frau Fran­ziska auf dem Weg zum Auf­tak­tort ihrer Demons­tra­tion. Direkt dahin­ter: NPD­le­rin Manuela Kokott aus Mark­graf­pieske. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Die „Jugend im Sturm“?: Anmel­der Peer Koss mit sei­ner Frau Fran­ziska auf dem Weg zum Auf­tak­tort ihrer Demons­tra­tion. Direkt dahin­ter: NPD­le­rin Manuela Kokott aus Mark­graf­pieske. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Infolge der recht spär­li­chen Mobi­li­sie­rung sag­ten laut Face­book ledig­lich 24 ihre Teil­nahme zu. [6] Noch im Januar woll­ten laut facebook-Veranstaltung mehr als 500 Leute teil­neh­men. Am Ende waren es etwa 250. Im Februar waren es bereits deut­lich weni­ger gewe­sen (80). Auch dies­mal war zu rech­nen, das weni­ger Leute teil­neh­men wür­den.

Man kennt sich: Kame­rad­schafts­füh­rer Sven Lemke (links) im Plausch mit Frank Odoy und Manuela Kokott (beide NPD-Oderland). (Foto: anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder))

Man kennt sich: Kame­rad­schafts­füh­rer Sven Lemke (links) im Plausch mit Frank Odoy und Manuela Kokott (beide NPD-Oderland). (Foto: anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder))

Am geplan­ten Demons­tra­ti­ons­tag ver­sam­mel­ten sich dann, weit abge­schirmt von der Poli­zei etwa 55 Men­schen am besag­ten Treff­punkt. Unter ihnen waren keine „besorg­ten“ Bürger*innen, die die Demons­tra­tion als Mei­nungs­äu­ße­rung unzu­frie­de­ner Mit­men­schen dar­stel­len hätte kön­nen. Ganz im Gegen­teil erreichte der ver­mut­lich interne wei­ter­ge­lei­tete Auf­ruf vor allem orga­ni­sierte Neo­na­zis, die zumeist selbst aus der Oder­stadt kamen. Die Frank­fur­ter Neo­na­zis Eric Hem­pel, Andy Köbke und Mar­tin Wilke gehör­ten genauso dazu, wie auch Sven Lemke mit wei­te­ren Mit­glie­dern der Kame­rad­schaft „Kom­mando Wer­wolf“. Dane­ben waren NPDler*innen, wie etwa Alex­an­der Bode, Frank Odoy und Manuela Kokott ebenso anwe­send, wie die bei­den aus Potsdam-Mittelmark stam­men­den Neo­na­zis Maik Emin­ger und Pas­cal Stolle, die seit kur­zem für die neue neo­na­zis­ti­sche Par­tei „Der III. Weg“ aktiv sind. Frank Odoy ver­teilte zu Beginn Flyer für den ras­sis­ti­schen BraMM-Aufmarsch, der am dar­auf­fol­gen­den Mon­tag in Fürs­ten­walde statt­fand. [7] Als Ver­an­stal­ter tra­ten erneut das Paar Fran­ziska und Peer Koss auf, wobei dies­mal zu beob­ach­ten war, dass diese Unter­stüt­zung bei der Orga­ni­sa­tion erhiel­ten.

Zu den regel­mä­ßi­gen Teilnehmer*innen der Frank­fur­ter Neo­na­zis gehö­ren Mar­tin Wilke (links), Eric Hem­pel (mitte, mit DDR-Shirt) und „Rück­rei­se­ma­na­ger“ Andy Köbke (rechts) (Foto: anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder))

Zu den regel­mä­ßi­gen Teilnehmer*innen der Frank­fur­ter Neo­na­zis gehö­ren Mar­tin Wilke (links), Eric Hem­pel (mitte, mit DDR-Shirt) und „Rück­rei­se­ma­na­ger“ Andy Köbke (rechts) (Foto: anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder))

Zwei Par­teien, kein Pro­blem!?: Die NPD­le­rIn­nen Manuela Kokott (Mitte) und Alex­an­der Bode (rechts, ver­deckt mit roten Shirt) zusam­men mit Neo­na­zis vom „III. Weg“. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Zwei Par­teien, kein Pro­blem!?: Die NPD­le­rIn­nen Manuela Kokott (Mitte) und Alex­an­der Bode (rechts, ver­deckt mit roten Shirt) zusam­men mit Neo­na­zis vom „III. Weg“. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

„Der III. Weg“ auf Propagandatour

Beson­ders Maik Emin­ger brachte sich in die Orga­ni­sa­tion der Demo mit ein. So stellte er nicht nur sei­nen Opel Corsa als Laut­spre­cher­wa­gen zur Ver­fü­gung, son­dern trat zusam­men mit Anmel­der Peer Koss in die Ver­hand­lun­gen mit der Poli­zei. Mit ihm und dem erst kürz­lich von der NPD zum „Der III. Weg“ gewech­sel­ten Bad Bel­zi­ger Stadt­ver­ord­ne­ten Pas­cal Stolle [8] reis­ten wei­tere Aktivist*innen aus dem Land­kreis Potsdam-Mittelmark an. Maik Emin­ger und Pas­cal Stolle tru­gen anfangs noch T-Shirts ihrer Par­tei mit der Auf­schrift „Natio­nal, Revo­lu­tio­när, Sozia­lis­tisch“. Aus nicht näher bekann­ten Grün­den unter­sagte die Poli­zei­füh­rung das Tra­gen die­ser Shirts, sowie das Zei­gen eines der Trans­pa­rente, wel­ches eben­falls die Insi­gnien der neo­na­zis­ti­schen Kleinst­par­tei tru­gen. Auch das mit­ge­brachte Pult, an wel­chem die Auf­takt­rede gehal­ten wer­den sollte, musste auf­grund tech­ni­scher Pro­bleme wie­der ein­ge­packt werden.

Diese auf­fal­lende Ein­brin­gung in die Demoor­ga­ni­sa­tion kommt jedoch nicht von unge­fähr. Zwar waren Maik Emi­ni­ger und Pas­cal Stolle bereits zu Gast auf den Auf­mär­schen der Frank­fur­ter Neo­na­zis, jedoch noch nie unter dem Label, der u.a. von Mat­thias Fischer und Klaus Arm­stroff 2013 gegrün­de­ten rech­ten Par­tei. [9]

Zum ers­ten Mal als „Der III. Weg“ öffent­lich auf­ge­tre­ten sind Maik Emin­ger aus Gra­bow (Land­kreis Potsdam-Mittelmark) und seine Anhänger*innen am 21. Februar in Eisen­hüt­ten­stadt. [10] Ange­mel­det als Kund­ge­bung gegen die angeb­li­che Über­frem­dung insze­nierte sich die Par­tei hier selbst. Dort wurde der Start­schuss einer Propaganda-Tour des Bran­den­bur­ger Able­gers der neuen Neonazi-Partei gesetzt. Nicht anders zu erklä­ren ist die große Teil­nahme von etwa 100 Neo­na­zis aus meh­re­ren Bun­des­län­dern auf einer Kund­ge­bung mit dem regel­mä­ßig gewähl­ten Thema der Über­frem­dung und angeb­li­chen Asyl­flut von rech­ten Par­teien in der bran­den­bur­gi­schen Pro­vinz. Maik Emin­ger, Bru­der des beim NSU-Prozess in Mün­chen ange­klag­ten André Emin­ger, [11] ver­suchte damit seine Anhän­ger­schaft zu fes­ti­gen, die er bereits mit der Grup­pie­rung „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ in den ver­gan­ge­nen Mona­ten auf­ge­baut hatte. [12] Ende März und Mitte April folg­ten wei­tere öffent­li­che Auf­tritte des „III. Wegs“, u.a. bei einem Auf­marsch in Witt­s­tock [13] sowie bei Kund­ge­bun­gen in Nauen und Bran­den­burg an der Havel. [14]

Bei dem ers­ten öffent­li­chen Auf­tritt der rech­ten Split­ter­par­tei in Bran­den­burg in Eisen­hüt­ten­stadt nah­men neben „Freien Kräf­ten“ auch Mit­glie­der der NPD Oder­land sowie Frank­fur­ter Neo­na­zis, u.a. Andy Köbke, Fran­ziska und Peer Koss teil. Ein Inter­esse an die­ser neuen neo­na­zis­ti­schen Par­tei war also vor­han­den und Kon­takte bestan­den bereits. So lässt sich der letzte Auf­marsch in Frank­furt (Oder) eben­falls in der Reihe „Der III. Weg“-Propaganda-Tour sehen.

Schwei­gend in die Innenstadt

Nach dem miss­lun­ge­nen Beginn des Auf­mar­sches star­tete die Demons­tra­tion in Rich­tung Frank­fur­ter Innen­stadt. Die Spitze bil­de­ten lokale Neo­na­zis, die dabei erneut das zyni­sche Front­trans­pa­rent tru­gen, wel­ches bereits am 14. Februar zum Ein­satz kam. [15] Dem zwei­ten Demons­tra­ti­ons­block ging das Trans­pa­rent „Wir für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ vor­aus. Dies führ­ten ange­reiste Neo­na­zis, die zum Umfeld von Maik Emin­ger zu zäh­len sind bereits bei den bei­den letz­ten Frank­fur­ter Auf­mär­schen mit sich. Neben sonst übli­chen Deutsch­land­fah­nen mar­kier­ten das Ende des kur­zen Demo­zug zwei Fah­nen des „III. Weg“. Optisch waren sie damit die ein­zige Par­tei die an der Demons­tra­tion teilnahm.

Die Neo­na­zis zogen unge­stört von Gegendemonstrant*innen über die Walter-Korsing-Straße, vor­bei am Arbeits­amt und Oder-Turm auf die Karl-Marx-Straße. Trotz die­ser Marsch­route, die ent­lang zahl­rei­cher Wohn­ge­bäude zog, blie­ben die Ewig­gest­ri­gen auf­fal­lend still. Ledig­lich leise RechtsRock-Musik war aus Emin­gers Auto zu hören. Erst auf der Karl-Marx-Straße und dann wei­ter bis zu ihrer Abschluss­kund­ge­bung, die sich in der Nähe des Grenz­über­gangs befand, wur­den ver­ein­zelt Paro­len geru­fen. Dar­un­ter waren nur wenige die sich gegen Flücht­linge rich­te­ten. Viel­mehr woll­ten die Neo­na­zis den Zuhörer*innen in der Stadt klar­ma­chen, dass sie „Frei, Sozial und Natio­nal“ seien.

Die Abschluss­kund­ge­bung wurde dann erneut zu einer Insze­nie­rung des „Der III. Weg“. Ein­ge­rahmt von den zwei mit­ge­führ­ten Fah­nen der Par­tei spra­chen die bei­den Akti­vis­ten Emin­ger und Stolle die ein­zi­gen Rede­bei­träge der Demons­tra­tion. Hetze gegen Asyl­su­chende und Wider­stand gegen das herr­schende Sys­tem waren die inhalt­li­che Schwer­punkte in den Reden. Pas­cal Stolle der sich am 14. Februar noch als ein­fa­cher Frank­fur­ter Bür­ger mit Ängs­ten um seine Kin­der aus­gab, pro­vo­zierte mit anti­se­mi­ti­schen Äuße­run­gen. Er for­derte ein Ende des Schuld­kul­tes und ein Ende der Zah­lun­gen an Juden*Jüdinnen, für „Dinge, die vor 80 Jah­ren gesche­hen sein sol­len“. Dies fiel auch der Poli­zei auf, die Peer Koss ermahn­ten, gegen den Red­ner Stolle jedoch nicht ein­schrit­ten. Anschlie­ßend been­dete Maik Emim­ger die Demons­tra­tion und die Neo­na­zis wur­den zum Sta­dion von der Poli­zei zurück­be­glei­tet.

Pas­cal Stolle (links mit Fahne) und Maik Emin­ger (Mitte) (beide III. Weg) waren die ein­zi­gen bei­den Red­ner bei der Demons­tra­tion. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Pas­cal Stolle (links mit Fahne) und Maik Emin­ger (Mitte) (beide III. Weg) waren die ein­zi­gen bei­den Red­ner bei der Demons­tra­tion. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Regel­mä­ßi­ges Event für Frank­fur­ter Neonaziszene

Trotz der gerin­gen Teilnehmer*innenzahl macht der Auf­marsch jedoch deut­lich, dass sich die Ver­samm­lun­gen der Grup­pie­rung „Frank­furt (Oder) wehrt sich“ in ihrer drit­ten Auf­lage zu einem regel­mä­ßi­gen Event loka­ler Neo­na­zis ent­wi­ckelt hat. Auch in der Ver­gan­gen­heit weni­ger aktive Rechte aus der Stadt bie­ten die Demons­tra­tio­nen die Mög­lich­keit regel­mä­ßig ihr men­schen­ver­ach­ten­des Welt­bild auf die Straße zu tra­gen, ohne sich hin­ter dem Trans­pa­rent irgend­ei­ner rech­ten Par­tei zu ver­sam­meln. Eine schein­bar selbst­or­ga­ni­sierte Demons­tra­tion eines neo­na­zis­ti­schen Freun­des­krei­ses lockt mehr auf die Straße als Parteiparolen.

Der „III. Weg“ stellt zudem eine Alter­na­tive zur NPD dar. Bei ver­gleich­ba­ren Ver­an­stal­tun­gen der NPD in der Ver­gan­gen­heit waren viele Frank­fur­ter Neo­na­zis die­sen fern­ge­blie­ben. [16]

Neben Fran­ziska und Peer Koss steckt auch Sven Lemke hin­ter der Orga­ni­sa­tion. Mit sei­nem Auto lie­ferte er u.a. die Tech­nik für den Laut­spre­cher­wa­gen und Trans­pa­rente an. Spä­ter mischte er sich auch bei den Gesprä­chen mit der Poli­zei ein.

Nazi-Mobil: Mit dem Auto von Sven Lemke wur­den Trans­pa­rente und Fah­nen zur Demons­tra­tion gebracht. Gut neben dem Num­mern­schild zu erken­nen: Das Logo der Kame­rad­schaft „Kom­mando Wer­wolf“. (Foto: anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder))

Nazi-Mobil: Mit dem Auto von Sven Lemke wur­den Trans­pa­rente und Fah­nen zur Demons­tra­tion gebracht. Gut neben dem Num­mern­schild zu erken­nen: Das Logo der Kame­rad­schaft „Kom­mando Wer­wolf“. (Foto: anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder))

Es ist also davon aus­zu­ge­hen, dass in Zukunft mit wei­te­ren Auf­mär­schen von Frank­fur­ter Neo­na­zis zu rech­nen ist. Das Label „Frank­furt (Oder) wehrt sich“ bie­tet dafür eine her­vor­ra­gende Mobi­li­sie­rungs­platt­form. Auch ist damit zu rech­nen, das „Der III. Weg“ wei­ter­hin zu den Betei­lig­ten gehö­ren wird. Maik Emin­ger will seine Par­tei flä­chen­de­ckend auf­stel­len und dafür braucht er Kader, die Stütz­punkte lei­ten kön­nen um an kom­men­den Wah­len teil­neh­men zu dür­fen. [17] Bis­lang gelingt dies nur für sei­nen Hei­mat­kreis Potsdam-Mittelmark.

Dies macht deut­lich, dass „Frank­furt (Oder) wehrt sich“ nicht nur ein Zusam­men­schluss ras­sis­tisch argu­men­tie­ren­der Frank­fur­ter ist, son­dern sich vor allem Neo­na­zis dahin­ter verbergen.

Quel­len

[1] Vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): Auf­stand der Ekel­haf­ten, 5. Februar 2015, https://linksunten.indymedia.org/de/node/134011.
[2] Vgl. Info­riot: Frank­furt (Oder): Schweig­same Neo­na­zis und laut­starke anti­fa­schis­ti­sche Demons­tra­tion, 14. Februar 2015, http://www.inforiot.de/frankfurt-oder-schweigsame-neonazis-und-lautstarke-antifaschistische-demonstration/, ein­ge­se­hen am 28. April 2015.
[3] Vgl. https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, Bei­trag vom 3. April, 1:24, ein­ge­se­hen am 28. April 2015.
[4] https://www.facebook.com/events/915898615098055/, Bei­trag vom 23. April, 10:00, ein­ge­se­hen am 28. April 2015.
[5] Vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): Das war wohl nichts, 10. Mai 2012, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/.
[6] Vgl. https://www.facebook.com/events/915898615098055/, ein­ge­se­hen am 28. April 2015.
[7] Vgl. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=341008442773547&set=p.341008442773547&type=1&theater, ein­ges­hen am 29. April 2015.
[8] Vgl. Pres­se­ser­vice Rathe­now: Bad Bel­zig: NPD Stadt­rat wech­selt zum „Drit­ten Weg“ / Neo­na­zis­ti­sche Klein­par­tei will nach Bran­den­burg expan­die­ren, 4. März 2015, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[9] Vgl. netz-gegen-nazis.de: „Der III. Weg“ — eine rechts­ex­treme Kleinst­par­tei aus dem Neonazi-Spektrum, 4. März 2015, http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/der-iii-weg-eine-neue-rechtsextreme-kleinstpartei-9317, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[10] Vgl. Pres­se­ser­vice Rathe­now: Eisen­hüt­ten­stadt: Auf­marsch von III. Weg, NPD und „Freien Kräf­ten“, 22. Februar 2015, http://www.inforiot.de/eisenhuettenstadt-militante-neonazis-hetzten-gegen-asylsuchende/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[11] Vgl. Andreas Speit: Eine schreck­lich nette Fami­lie, 15. Novem­ber 2013, http://www.taz.de/!127575/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[12] Vgl. Info­riot: Pots­dam und Gran­see: Lich­ter­mär­sche gegen Asyl­su­chende, 17. Novem­ber 2014, http://www.inforiot.de/potsdamgransee-lichtermaersche-gegen-asylsuchende/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[13] Vgl. Pres­se­ser­vice Rathe­now: Kund­ge­bun­gen und Stütz­punkt­grün­dung des „drit­ten Weges“ in Bran­den­burg, 18. April 2015, http://www.inforiot.de/kundgebungen-und-stuetzpunktgruendung-des-dritten-weges-in-brandenburg/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[14] Vgl. Info­riot: Erneut 200 bei Neo­na­zi­auf­marsch in Wittstock/Dosse, 29. März 2015, http://www.inforiot.de/erneut-200-bei-neonaziaufmarsch-in-wittstockdosse/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[15] Vgl. Info­riot: Frank­furt (Oder): Schweig­same Neo­na­zis und laut­starke anti­fa­schis­ti­sche Demons­tra­tion, 14. Februar 2015, http://www.inforiot.de/frankfurt-oder-schweigsame-neonazis-und-lautstarke-antifaschistische-demonstration/, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.
[16] Vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): Die NPD am 1. Mai in Bran­den­burg – Gewalt­be­reit in den Wahl­kampf, 21. Mai 2014, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/05/21/die-npd-am-1-mai-in-brandenburg-gewaltbereit-in-den-wahlkampf/.
[17] Vgl. Ver­fas­sungs­schutz Bran­den­burg: Maik Emin­ger und „Der III. Weg“ in Bran­den­burg, 14. April 2015, http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.395040.de, ein­ge­se­hen am 29. April 2015.

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Der Aufstand der Ekelhaften

Am Sams­tag, den 17. Januar fand ein von der neo­na­zis­ti­schen Grup­pie­rung „Frankfurt/Oder wehrt sich„[1] orga­ni­sier­ter ras­sis­ti­scher Auf­marsch in Frankfurt (Oder) statt. Unter dem Motto „Frankfurt/Oder wehrt sich — Stopp dem Asyl­miss­brauch“ [2] ver­such­ten die Veranstalter*innen den Auf­marsch als bür­ger­li­chen Pro­test zu insze­nie­ren. Das Schau­spiel war unglaub­wür­dig. Weder konnte die Gruppe glaub­haft Bür­ger­lich­keit imi­tie­ren noch ernst­haft sug­ge­rie­ren aus der „Mitte der Gesell­schaft“ zu kom­men. Immer wie­der war auf ihrer Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu lesen: „Wir sind keine Nazis“. Die neo­na­zis­ti­schen Ver­stri­ckun­gen sind aber mehr als offenkundig.

Vor­ge­schichte – Der Ras­sis­ti­sche Mob Frank­furts

Wir berich­te­ten im jüngs­ten recher­che output[3] über die Ent­ste­hung einer ras­sis­tisch auf­ge­la­de­nen Debatte um ver­meint­li­che Dro­gen­kri­mi­na­li­tät im Lenné-Park. In die­ser Dyna­mik ent­lud sich der All­tags­ras­sis­mus der Frankfurter*innen auf Face­book­sei­ten wie „Blau­licht­re­port Frank­furt (Oder)“[4],„Bürgerwehr Frank­furt (Oder)“[5] und „Bran­den­burg wehrt sich“[6]. Dabei ver­wie­sen sie auf einen Arti­kel der Mär­ki­schen Oderzeitung,[7] der sich auf Gerüchte berief, die spä­ter sogar von der örtli­chen Poli­zei wider­legt wurden.[8] Für die im Auf­schwung befind­li­che Frank­fur­ter AfD ein gefun­de­nes Fres­sen: Der Stadt­ver­band um Wilko Möl­ler und Michael Korth konnte sich als neue Par­tei rechts der CDU pro­fi­lie­ren und erhielt bei den letz­ten Land­tags­wah­len knapp 20% der Frank­fur­ter Stim­men. Ein­zig die NPD konnte bis­her nicht von der Stim­mung pro­fi­tie­ren, auch man­gels feh­len­der Struk­tu­ren vor Ort.

Bis­her stach vor allem der Frank­fur­ter Neo­nazi Peer Koss als trei­bende Kraft inner­halb der orga­ni­sier­ten ras­sis­ti­schen Mobi­li­sie­rung her­vor. So war es auch er, der am 26. August 2014 eine „Gegen­de­mons­tra­tion“ anläss­lich einer anti­ras­sis­ti­schen Demo durch Frank­furt (Oder) initiierte.[9] Schluss­end­lich betei­lig­ten sich jedoch nur eine Hand­voll Neo­na­zis an der Aktion. Und es war erneut Koss, der am 1. Novem­ber auf sei­nem per­sön­li­chen Facebook-Profil zu einer Anti-Asyl Demo aufrief.[10] Er ver­gaß diese jedoch vor­her anzu­mel­den, so dass es an die­sem Tag statt eines ras­sis­ti­schen Auf­mar­sches eine Kund­ge­bung für Will­kom­mens­kul­tur vor dem Frank­fur­ter Haupt­bahn­hof gab.[11]

Die bis dato größte Bühne bot sich den ras­sis­ti­schen Frankfurt*innen jedoch am 27. Novem­ber bei einer Einwohner*innenversammlung im Stadt­teil West. Infor­miert wer­den sollte über beste­hende und zukünf­tige Unter­künfte für Geflüch­tete. Der Ver­ein „Uto­pia“ fasste in sei­ner Pres­se­mit­tei­lung die Gescheh­nisse tref­fend zusam­men: „Men­schen­ver­ach­tung eine Bühne geboten“.[12] Der Chau­vi­nis­mus und Hege­mo­ni­al­stre­ben von „wei­ßen“ Frankfurter*innen äußerte sich in ver­meint­li­chen Ängs­ten vor Kin­des­wohl­ge­fähr­dung, sexu­el­len Überg­rif­fen, Eigen­tums­de­lik­ten und Sau­ber­keit sowie ande­ren Kon­struk­tio­nen ver­meint­li­cher „Aus­län­der­kri­mi­na­li­tät“. Es waren auch zahl­rei­che stadt­be­kannte Neo­na­zis vor Ort. Die Ent­la­dung des Has­ses auf der Straße sollte nicht mehr lange auf sich war­ten lassen.

Die Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“
[13]

Zur Mobi­li­sie­rung der Demo wurde Mitte Dezem­ber ein Facebook-Profil ange­legt, hin­ter dem mut­maß­lich der Frank­fur­ter Neo­nazi Peer Koss steht. Am 25. Dezem­ber wurde dann eine Ver­an­stal­tung erstellt, die eine Demons­tra­tion für den 17. Januar 2015 ankündigte.[14]

Wie das Inter­net­por­tal „Inforiot“[15] im Vor­feld berich­tete, ließ die Facebook-Seite anfangs tief in das neo­na­zis­ti­sche Welt­bild der Ver­ant­wort­li­chen bli­cken. Als Pro­fil­bild wurde eine Karte mit den Gren­zen des Deut­schen Reichs von 1941 ver­wen­det, die in den Far­ben schwarz-weiß-rot gezeich­net war.

Groß­macht­fan­ta­sien: Peer Koss wollte anfangs mit einem groß­deut­schen Reich gegen Asyl­miss­brauch demons­trie­ren. (Foto: screen­shot facebook)

Groß­macht­fan­ta­sien: Peer Koss wollte anfangs mit einem groß­deut­schen Reich gegen Asyl­miss­brauch demons­trie­ren. (Foto: screen­shot facebook)

Immer wie­der wur­den Ver­weise zu ein­deu­tig neo­na­zis­ti­schen Sei­ten geli­ked bzw. ver­linkt. Kommentator*innen konn­ten ohne Ein­schrän­kun­gen der Admins ras­sis­ti­sche und anti­se­mi­ti­sche Pos­tings hin­ter­las­sen. Nach­dem einige User*innen sich am neo­na­zis­ti­schen Bild der Ver­an­stal­tung stör­ten, änder­ten sie die Wer­bung. Von da an war die Deutschland-Fahne zu sehen. Ein ers­ten Flyer, der u. a. im Frank­fur­ter Stadt­teil Neu­be­resin­chen auch in Brief­käs­ten gesteckt wurde, war mit dem Stadt­wap­pen ver­ziert. Das sorgte für wei­te­ren Ärger: die Stadt stellte Anzeige gegen die Ver­ant­wort­li­chen. Denn für die Ver­wen­dung die­ses Sym­bols bedarf es der Geneh­mi­gung der Stadt.[16]

Fran­ziska und Peer Koss beim Gespräch mit der Poli­zei am 17. Januar 2015. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Fran­ziska und Peer Koss beim Gespräch mit der Poli­zei am 17. Januar 2015. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Neo­na­zi­pär­chen orga­ni­siert Demons­tra­tion

Hin­ter der Orga­ni­sa­tion der Demons­tra­tion stan­den Fran­ziska Koss und ihr Mann Peer. Sie war die Anmel­de­rin der Demons­tra­tion. Peer Koss‘ Invol­vie­rung war offen­sicht­lich: so suchte er auf sei­nem per­sön­li­chen Pro­fil nach Ordner*innen für die Demonstration.[17] Auf der NPD gesteu­er­ten Seite „Bran­den­burg wehrt sich!“ erschien der glei­che Auf­ruf nur wenige Stun­den später.[18] Die neo­na­zis­ti­sche Par­tei selbst macht auf die­ser Platt­form flei­ßig Wer­bung für die Demons­tra­tion. Auf der Seite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ wurde wie­derum u.a. ein NPD-Propaganda-Video verlinkt.[19] Die gegen­sei­tige Sym­pa­thie ist offen­sicht­lich, tei­len sie doch ein gemein­sa­mes neo­na­zis­ti­sches Weltbild.

Die Zahl derer, die eine Teil­nahme auf Face­book zuge­sagt haben stieg von Tag zu Tag. 420 Leute woll­ten am Ende an der Demons­tra­tion teilnehmen.[20] Ganz so viele waren es dann doch nicht.

Der 17. Januar – ein klas­si­scher Neo­na­zi­auf­marsch

Am Sams­tag­nach­mit­tag zog der Auf­marsch hin­ter einer Deutschland-Fahne und dem auf­ge­sprüh­ten Spruch „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom Frank­fur­ter Bahn­hof durch die die Frank­fur­ter Stadt­teile Alt­be­resin­chen und Gube­ner Vor­stadt zurück zum Bahn­hof. Durch ein mas­si­ves Poli­zei­auf­ge­bot waren Blo­cka­den der Route kaum mög­lich. Am Leip­zi­ger Platz, direkt vor dem Haus von Peer und Fran­ziska Koss, wel­ches mit einer über­di­men­sio­nier­ten Deutschland-Fahne „geschmückt“ war, gab es eine kurze Zwi­schen­kund­ge­bung. Nach knapp zwei Stun­den war die Demons­tra­tion schon wie­der aufgelöst.

Doch zurück zum Anfang: Ab 13 Uhr ver­sam­mel­ten sich, etwas abseits des Bahn­hofs­ge­bäu­des die ers­ten Teilnehmer*innen der ras­sis­ti­schen Demons­tra­tion. Schnell wurde klar, dass es sich bei den Teil­neh­men­den nicht wie von den Facebook-Seite sug­ge­riert wurde um „ein­fa­che und besorgte Bürger*innen“ han­delte, son­dern um offen­sicht­li­che Neo­na­zis. Vie­les sah nach einer typi­schen, von der NPD orga­ni­sier­ten Demons­tra­tion aus, wie diese bereits im Jahr 2012 durch­ge­führt wurden.[21] Zwar war die Anzahl an Frank­fur­ter Rassist*innen groß, es dau­erte aber nicht lange und alt­be­kannte Neo­na­zis aus Ber­lin und Bran­den­burg kamen am Bahn­hof an. So gehör­ten die Neo­na­zis der JN Bran­den­burg um Marc Mich­al­ski, Patrick Nie­der­ge­säß, Alex­an­der Kevin Pie­per und Eric Lade­mann wie selbst­ver­ständ­lich zu den Teil­neh­men­den. Zusam­men mit Ber­li­ner Neo­na­zis, die regel­mä­ßig an den „Nein zum Heim“-Aufmärschen im Ber­li­ner Bezirk Marzahn-Hellersdorf teil­neh­men reis­ten auch Frank Odoy, Manuela Kokott, Mar­kus Noack und Alex­an­der Bode aus Guben zur Ver­an­stal­tung an. Wenig spä­ter traf zudem eine Dele­ga­tion der neo­na­zis­ti­schen Par­tei „Die Rechte“ um Klaus Mann ein.

Vor allem JN’ler über­nah­men sogleich nach ihrer Ankunft orga­ni­sa­to­ri­sche Auf­ga­ben, wie Ordner*innenfunktionen. Fran­ziska Koss, die Anmel­de­rin, musste sich mit dem Hal­ten des Front-Transparents, zusam­men mit zwei ande­ren Frank­fur­te­rin­nen, begnü­gen. Die Auf­gabe der Demo­lei­tung über­nahm ein Neo­nazi aus Magdeburg.

Ein­falts­los: Eine ein­fa­che Deutschland-Fahne, dar­auf mit Sprüh­farbe das Motto der Demo. Gehal­ten u.a. von Fran­ziska Koss (links am Tran­spi). Gleich neben ihr läuft der Lei­ter der Demo. Ein Mag­de­bur­ger Neo­nazi. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Ein­falts­los: Eine ein­fa­che Deutschland-Fahne, dar­auf mit Sprüh­farbe das Motto der Demo. Gehal­ten u.a. von Fran­ziska Koss (links am Tran­spi). Gleich neben ihr läuft der Lei­ter der Demo. Ein Mag­de­bur­ger Neo­nazi. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Bis auf die Teil­nahme eini­ger weni­ger als Bürger*innen erkenn­bare Rassist*innen glich das Bild einer typi­schen NPD-Demonstration der letz­ten Jahre in der Region. Mit etwa 250 Neo­na­zis war es zugleich der größte Auf­marsch in Bran­den­burg seit lan­ger Zeit. Kaum mehr als 150 Neo­na­zis konnte die NPD in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu ihren Ver­an­stal­tun­gen orga­ni­sie­ren, wobei der Trau­er­marsch von Cott­bus noch als größ­tes Event zu zäh­len wäre.[22]

Eine wei­tere Über­ra­schung war die Teil­nahme der neo­na­zis­ti­schen Gruppe „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ um den frü­he­ren JN-Kader Maik Emin­ger aus Gra­bow (Potsdam-Mittelmark), des­sen Zwil­lings­bru­der André einer der Haupt­an­ge­klag­ten im Mün­che­ner NSU-Prozess ist.[23] Lange Zeit nicht öffent­lich in Erschei­nung getre­ten, nimmt er im Zuge der ras­sis­ti­schen Stim­mung durch PEGIDA und Co. mit sei­ner Gruppe immer wie­der an sol­chen Auf­mär­schen teil. So zuletzt auch beim Leip­zi­ger PEGIDA-Ableger LEGIDA am 21. Januar.[24] Die Gruppe „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“, deren Anhänger*innen vor allem aus West­bran­den­burg stam­men, trat erst­mals am 16. Novem­ber in Gran­see (Ober­ha­vel) in Erschei­nung. Dort führte Emin­gers Gruppe einen abend­li­chen Fackel­marsch unter dem Motto „Wir für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ durch.[25] Dass diese Akti­ons­form äußer­lich dem Mus­ter der 2012 ver­bo­te­nen neo­na­zis­ti­schen Spree­lich­ter gleicht[26] ist nicht ver­wun­der­lich, so ist doch die Gruppe „Licht und Schat­ten“ aus denen „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ her­vor­ging ein Able­ger derselben.

Wie­der aktiv: Maik Emin­ger nimmt wie­der ver­stärkt an Auf­mär­schen teil. In Frank­furt hielt er sogar eine Rede. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Wie­der aktiv: Maik Emin­ger nimmt wie­der ver­stärkt an Auf­mär­schen teil. In Frank­furt hielt er sogar eine Rede. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Ihre Teil­nahme am Frank­fur­ter Neo­na­zi­auf­marsch teilt die Gruppe „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ um Maik Emin­ger auf face­book mit. (Foto: screen­shot facebook)

Ihre Teil­nahme am Frank­fur­ter Neo­na­zi­auf­marsch teilt die Gruppe „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ um Maik Emin­ger auf face­book mit. (Foto: screen­shot facebook)

Quer­schnitt der Frank­fur­ter Neo­na­zi­szene

Dass es sich aber vor­wie­gend um eine von Frank­fur­ter Neo­na­zis orga­ni­sier­ten Demons­tra­tion han­delte, zeigt sich deut­lich an der unge­wöhn­lich hohen Betei­li­gung Frank­fur­ter Neo­na­zis aus dem Umfeld der „Kame­rad­schaft Kom­mando Werwolf“[27] und den „FCV-Hooligans“[28].
So gehör­ten Sven Lemke, Brian Dach­witz, Chris­tian Rie­mer, Mario Schrei­ber, Dirk Wei­nert, Mar­tin Wilke, Mar­cel Kuss und Andy Köbke zu den bekann­tes­ten Frank­fur­ter Neo­na­zis auf der Demonstration.

Hin­ter „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ ver­sam­meln sich auch Frank­fur­ter Neo­na­zis. Im Bild rechts (mit Tun­nel) Andi Köpke, dane­ben Sven Lemke (mit Kapuze) von der Kame­rad­schaft „Kom­mando Wer­wolf“. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Hin­ter „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ ver­sam­meln sich auch Frank­fur­ter Neo­na­zis. Im Bild rechts (mit Tun­nel) Andy Köbke, dane­ben Sven Lemke (mit Kapuze) von der Kame­rad­schaft „Kom­mando Wer­wolf“. (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Eben­falls anwe­send war Björn Brusak. Der als rech­ter Lie­der­ma­cher und Fan des süd­afri­ka­ni­schen Apartheids-Regimes bekannte Frankfurter,[29] war auch der erste Red­ner der Demons­tra­tion. Der Finanz­be­ra­ter Brusak bediente in sei­ner knapp sie­ben­mi­nü­ti­gen Rede[30] nahezu alle The­men, die sich im aktu­el­len Par­tei­pro­gramm der Bran­den­bur­ger NPD fin­den. Zugleich betonte er aber, dass die Mehr­zahl der anwe­sen­den Per­so­nen nichts gegen inte­grierte aus­län­di­sche Mitbürger*innen haben, solange sie “brav für die deut­sche Volks­wirt­schaft arbei­ten” wür­den. Sowieso taucht das “Volk” sehr häu­fig in sei­ner Rede auf. Fol­ge­rich­tig stimmte er dann auch in der von Wutbürger*innen gerne gebrüllte Parole “Wir sind das Volk” ein, um, ganz nach dem Querfront-Prinzip, mit Zita­ten der lin­ken Intel­lek­tu­el­len Rosa Luxem­burg und George Orwell abzuschließen.
Brusak begrüßte zudem die ankom­men­den Neo­na­zis aus Fürs­ten­walde und Ber­lin. U. a. mit Eric Lade­mann führte er ein nahezu freund­schaft­li­ches Gespräch. Berü­hungs­ängste schei­nen zur NPD also nicht zu bestehen.

In guter Gesell­schaft: Björn Brusak (mitte, mit Freun­din) zwi­schen Chris­tian Rie­mer (links) und Mario Lenz (rechts, Kopf weg­dre­hend) auf einer Demons­tra­tion am 17. Januar 2015 in Frank­furt (Oder). (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

In guter Gesell­schaft: Björn Brusak (mitte, mit Freun­din) zwi­schen Chris­tian Rie­mer (links) und Mario Lenz (rechts, Kopf weg­dre­hend) auf einer Demons­tra­tion am 17. Januar 2015 in Frank­furt (Oder). (Foto: pres­se­dienst frank­furt (oder))

Wäh­rend der Demons­tra­tion stach Brusak immer wie­der aus der Masse her­aus. Wäh­rend die Mehr­zahl der ras­sis­ti­schen Teil­neh­men­den “Lügen­presse”, “Wir sind das Volk” oder „Ha,ha,Antifa“ skan­dier­ten, for­derte er “Pres­se­frei­heit” und “Demo­kra­tie”. Kaum ver­wun­der­lich, steht er doch mit sei­nen ver­schwö­rungs­theo­re­ti­schen Ansich­ten der extrem rech­ten anti­se­mi­ti­schen Euro­päi­schen Aktion nahe[31] und besuchte die soge­nann­ten Montags-Demos in Ber­lin im Som­mer 2014.[32]

Ankün­di­gun­gen zufolge woll­ten sich 500 Per­so­nen an der Demons­tra­tion betei­li­gen, am Ende waren es nur 250. Den­noch ist die öffent­li­che Mobi­li­sie­rung, die ledig­lich über Face­book statt­fand, erschre­ckend erfolg­reich gewe­sen. Min­des­tens die Hälfte der Anwe­sen­den stamm­ten aus Frank­furt (Oder) selbst. Beson­ders auf­fäl­lig war die Betei­li­gung vie­ler jun­ger Men­schen, z.T. tru­gen Schüler*innen Schil­der und stan­den mit in der ers­ten Reihe.

Das ras­sis­ti­sche Poten­tial der Bevöl­ke­rung hat sich mal wie­der offen­kun­dig gezeigt, von jun­gen Men­schen über gewalt­be­reite Hoo­li­gans bis hin zu Renter*innen.

Schnell hieß es “Wir kom­men wieder”und so wurde für den 14. Februar von “Frankfurt/Oder wehrt sich” erneut eine Kund­ge­bung ange­kün­digt, dies­mal an der Friedensglocke.[33]

Peer Koss bit­tet zur nächs­ten Runde

Am 26.01.2015 kün­digte die Seite “Frankfurt/Oder wehrt sich” eine ras­sis­ti­sche Kund­ge­bung unter dem Motto “Frankfurt/Oder wehrt sich gegen Asyl­miß­brauch und Asylantenheime”[34]. Aller­dings ist die Stra­te­gie dies­mal eine andere. So fin­det statt einer Demons­tra­tion eine Kund­ge­bung statt, zu wel­cher aller­dings gemein­sam hin­ge­gan­gen wer­den soll, um sich vor Gegendemonstrant*innen zu “schüt­zen”, so die Veranstalter*innen.[35]

Die ver­su­chen inzwi­schen sich einen bür­ger­li­chen Anstrich zu geben, in dem sie in ihrem Auf­ruf auf fried­li­ches Ver­hal­ten und “neu­trale” Klei­dung Wert legen.[36] Es scheint ihnen klar zu sein, dass offe­ner Neo­na­zis­mus eher auf Ableh­nung als auf offene Arme stößt.

Die Ver­net­zung ver­schie­de­ner Akteur*innen aus der Extre­men Rechte wird immer deut­li­cher: Über Frank­furt (Oder) und dem Land­kreis Oder-Spree hin­aus sym­pa­thi­sie­ren neo­na­zis­ti­sche Aktivist*innen aus Ber­lin, Cott­bus und dem Land­kreis Prignitz[37] mit der Grup­pie­rung “Frankfurt/Oder wehrt sich”.

Immer mehr Sympathisant*innen der ras­sis­ti­schen Hetze haben Angst für Neo­na­zis gehal­ten zu wer­den. Zu Recht — die anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder) wird auch nach der Ver­an­stal­tung am 14.02. wie­der Ross und Rei­ter ben­nen — versprochen.

Facebook-Aufruf zur Kund­ge­bung am 14. Februar von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ (Foto: Screen­shot facebook)

Facebook-Aufruf zur Kund­ge­bung am 14. Februar von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ (Foto: Screen­shot facebook)

Quellen

[1] https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110.
[2] Recht­schreib­feh­ler im Original
[3] Vgl. hier und im Fol­gen­den – http://recherchegruppeffo.noblogs.org/files/2016/02/output_7_final1.pdf.
[4] https://www.facebook.com/BlaulichtreportFrankfurtOder.
[5] Vgl. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unser-rueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/.
[6] Vgl. https://www.facebook.com/pages/Brandenburg-wehrt-sich/780097475356300.
[7] Vgl. http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1314548.
[8] Vgl. http://www.moz.de/heimat/lokalredaktionen/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1346221/.
[9] Vgl. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unser-rueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/.
[10] Vgl. http://www.inforiot.de/willkommenskultur-statt-rassismus/.
[11] Vgl. http://www.inforiot.de/frankfurtoder-rechter-aufmarsch-fiel-aus/.
[12] Vgl. http://www.inforiot.de/menschenverachtung-ein-podium-geboten/.
[13] https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110.
[14] Vgl. https://www.facebook.com/events/379203118908612/.
[15] Vgl. http://www.inforiot.de/rassistische-demonstration-in-frankfurtoder-geplant/.
[16] Vgl. http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1359138/.
[17] Vgl. Peer Koss, Bei­trag vom 05.01.2015 um 08:35, https://www.facebook.com/peer.koss.
[18] Vgl. Bran­den­burg Wehrt sich, Bei­trag vom 7. Januar 2015, 11:17: https://www.facebook.com/pages/Brandenburg-wehrt-sich/780097475356300.
[19] Vgl. Frankfurt/Oder wehrt sich, Bei­trag vom 6. Januar 2015, 11:19: https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110.
[20] Vgl. https://www.facebook.com/events/379203118908612/.
[21] Vgl. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/11/20/das-kleeblatt-ist-verdorrt/ und https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/.
[22] Vgl. http://www.inforiot.de/cottbus-blockierte/.
[23] Vgl. https://linksunten.indymedia.org/de/node/64041.
[24] Vgl. https://www.inventati.org/leipzig/?p=3335.
[25] Vgl. http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/11/19/brauner-fackelmarsch-in-brandenburg_17710.
[26] Vgl. http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2012/06/19/das-ende-der-nazi-masken-show_8923.
[27] Vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): „Watch out for the Wer­wolf!“, auf: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2013/06/02/watch-out-for-the-werwolf/, 02.06.2013 und vgl. gegen­rede: „Haus­durch­su­chung in Frank­furt (Oder)“, auf: http://gegenrede.info/news/2013/lesen.php?datei=130624_01, 24.06.2013 sowie vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): „Ver­wund­ba­rer Musi­ker und Tät­to­wie­rer“, auf: https://recherchegruppe.wordpress.com/2014/08/28/verwundbarer-musiker-und-tattowierer/.
[28] Vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): „Freunde, die nie­mand haben will.“, in: „recher­che out­put #1“, 2006 und Vgl. anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder): „Rechte Frank­fur­ter Ultras aktiv wie nie“, in: „recher­che out­put #3“, 2007 sowie zahl­rei­che Arti­kel unter https://recherchegruppeffo.noblogs.org.
[29] Vgl. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2013/09/08/immer-aerger-mit-der-bierbar/.
[30] Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=RJYkXR_idOs, ab Minute 14:00.
[31] Vgl. https://de-de.facebook.com/pages/Europ%C3%A4ische-Aktion-St%C3%BCtzpunkt-Frankfurt-Oder/344266155722923.
[32] Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=xI996280x_g, ab Minute 03:08.
[33] Vgl. Frankfurt/Oder wehrt sich, Ein­trag vom 27. Januar 2015, 05:24: https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110.
[34] Vgl. „Frankfurt/ Oder wehrt sich“, Bei­trag vom 26.01.2015 um 21:26, https://www.facebook.com/events/1585257671687662/.
[35] Vgl. „Frankfurt/ Oder wehrt sich“, Bei­trag vom 27.01.2015 um 13:42 https://www.facebook.com/events/1585257671687662/.
[36] Vgl. „Frankfurt/ Oder wehrt sich“, Bei­trag vom 27.01.2015 um 13:25, https://www.facebook.com/events/1585257671687662/.
[37] Der Ver­sand­han­del Itsh84u aus Kar­städt, spen­dete Kla­mot­ten für einen Spen­den­ak­tion von „Frankfurt/Oder wehrt sich“. Die anti­fa­schis­ti­sche recher­che­gruppe frank­furt (oder) berich­tete am 30.01.2015: http://www.inforiot.de/der-braune-teddy-baer-als-feigenblatt/.

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